Wo die junge Isar rauscht

Sie schimmert grünlich, ist glasklar, und dass sie gerade jetzt im Frühjahr, mit reichlich Schmelzwasser versetzt, eiskalt ist, sieht man ihr an: Die junge Isar ist im Tölzer Land gerade mal etwa achtzig Kilometer von ihrer Quelle entfernt, weder begradigt noch verschmutzt. „Mei, is des schee!“, schreien sie im Sommer von den Flößen, trinken ihr Bier aus Maßkrügen und springen auch schon mal ins Wasser. Noch „scheener“ ist der Fluss allerdings im Frühjahr. Die Natur erwacht, erste Blüten treiben, die Kieselstrände sind noch verwaist, und abgesehen von ein paar Wanderern und Radlern entlang der Ufer gehört einem „die Reißende“ fast allein. Das bedeutet „Isara“ aus dem Keltischen übersetzt. Auch andere europäische Flüsse tragen diesen „reißenden“ Namen, wie in Südtirol die Isarca oder in Frankreich die Isère.

Schönste Postkartenidylle

Umgeben vom mondänen Tegernsee, der Kunstregion Blaues Land und der Zugspitze, hat es das Tölzer Land nicht einfach, sich über die bayerischen Grenzen hinaus zu profilieren. Aber die schönsten Seiten, allesamt westlich der Isar gelegen, geben ohne Zweifel ein Oberbayern im besten Postkarten- oder Insta-Format ab: am Kochel-, Walchen- und Sylvensteinsee, in der Jachenau, an der Benediktenwand, am Herzogstand oder Brauneck.


Eine Reise wert: Schlehdorf in Oberbayern
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Bild: Picture Alliance

Die Morgensonne strahlt, der Himmel ist bayerisch blau, das Cabrio-Dach versenkt und der Weg vom Kochel- zum Walchensee herrlich: schlank, mit schnittigen Kurven, ein Traum – die Kesselbergstraße, die beide Seen verbindet. Es geht viereinhalb Kilometer rauf. 23 Kurven, im Schnitt alle 200 Meter eine, Höhenunterschied: 253 Meter. Oben angekommen glitzert der Walchensee im Sonnenlicht, ein paar Kähne dümpeln dahin, wetterfeste Surfer nehmen in Neopren den ersten Wind mit, und der 1731 Meter hohe Herzogstand reckt seinen Grat in die Höhe. Er war der Lieblingsberg von Märchenkönig Ludwig II. Auf dem von ihm angelegten Reitweg ritt er hinauf und nächtigte zuweilen oben im Königshaus, in dessen Nachbau die Bergwacht ihren Sitz hat. Heute bringt die Herzogstandbahn die Besucher in knapp fünf Minuten auf 1600 Meter Höhe. Der Blick auf den Walchensee, der übrigens auch im Sommer bitterkalt ist, während sich der tiefer gelegene Kochelsee gut zum Baden eignet, ist königlich.

Von einem der schönsten Fleckchen im Isarwinkel geht es weiter in die Jachenau: einzigartig einsam und oft vergessen. Elektrosensible führen dort ein gutes Leben. Denn der Handyempfang bleibt meistens aus. Von der Initiative „Funkloch“ wurde der Jachenau sogar ein Stern als besonders strahlungsarmes Gebiet verliehen. Die Bushaltestellen heißen „Bäcker“, „Post“ oder „Mühle“. Es gibt keine Tankstelle, keinen „McDonald’s“, aber das Haus der ehemaligen Königlich-Bayerischen Posthalterei steht immer noch. Mit gerade mal 871 Einwohnern ist die Jachenau die kleinste Gemeinde Bayerns mit eigener Verwaltung – und mit sieben Bewohnern pro Quadratkilometer die am dünnsten besiedelte. Wanderer, Radler, Bergsteiger und im Winter Skilangläufer wissen den Talgrund und die umliegende Bergwelt zu schätzen. Mehr als ein Dutzend Gipfelkreuze rahmen das Tal ein. Ab Mai gibt’s auf der Staffel-Alm am Rabenkopf zum Ausblick noch eine deftige Brotzeit dazu.

Wozu in die Ferne fliegen? Die Isar in ihrer ganzen Pracht


Wozu in die Ferne fliegen? Die Isar in ihrer ganzen Pracht
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Bild: Picture Alliance

Joseph Vilsmaier fand in der Jachenau eine authentische Kulisse für seine Verfilmung der berühmten „Geschichte vom Brandner Kaspar“. Er drehte auf der Vorderen und Hinteren Scharnitz-Alm unterhalb der 1801 Meter hohen Benediktenwand mit ihrer rund hundert Tiere umfassenden Steinbockkolonie. Einige Jachenauer dienten als Komparsen neben Franz Xaver Kroetz und Bully Herbig, den beiden Hauptdarstellern.

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