Warum deutsche Gesundheitspolitiker Maskenpflicht ablehnen

Gesundheitspolitiker im Bund und in den Ländern haben sich dagegen ausgesprochen, dass wegen hoher Infektionszahlen abermals eine Maskenpflicht in Gesundheitseinrichtungen eingeführt wird. Ein solcher Schritt tritt in Spanien am diesem Mittwoch in Kraft. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Andrew Ullmann, nannte eine gesetzlich geregelte Maskenpflicht in Krankenhäusern und Arztpraxen „unnötig und überflüssig“. Er sagte der F.A.Z., die Einrichtungen können die Entscheidung, ob Patienten und Besucher eine Maske tragen sollen, „selbständig treffen“.

Hans-Christian Rößler

Politischer Korrespondent für die Iberische Halbinsel und den Maghreb mit Sitz in Madrid; zuvor Korrespondent in Israel.

Der Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Grüne) sagte, eine Regelung nach dem Vorbild Spaniens werde im Bundestag gerade nicht beraten. „Den Ländern, aber auch den einzelnen Gesundheitseinrichtungen steht es jedoch frei, entsprechende Vorsorge zu treffen“, sagte er. “Wir erleben zurzeit eine starke Infektwelle, viele Menschen sind krank.“ Ländern sowie Kliniken und Praxen stehe es aber frei, selbständig entsprechende Schritte zu beraten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits im Dezember gesagt, die Maskenpflicht „kommt nicht mehr“. In der Endemie gehe es um Eigenverantwortung, sagte Lauterbach zur Begründung. „Das kann allerdings bedeuten, dass man sich zwei- oder sogar dreimal im Jahr mit Corona ansteckt.“

„Für eine gesetzliche Pflicht gibt es keinen Anlass“

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), sieht ebenfalls die Kliniken und Praxen in der Pflicht, eine Maskenpflicht über das Hausrecht zu regeln. „Das ist vielerorts gerechtfertigt, weil es um besonders vulnerable Gruppen geht“, sagte Sorge. „Für eine gesetzliche Maskenpflicht gibt es aber keinen Anlass.“

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Die Gesundheitsministerien unter anderem in Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein sowie die Sozialbehörde in Hamburg sprachen sich auf Nachfrage gegen eine abermalige staatliche Maskenpflicht aus. „Die Krankenhäuser entscheiden das sehr verantwortungsvoll in Abhängigkeit der aktuellen Infektionslage und der spezifischen Infektionsrisiken“, sagte Gerald Gaß, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Eine „pauschal verordnete generelle Maskenpflicht“ halte man derzeit für nicht notwendig. Eine Sprecherin des Verbands der Universitätskliniken sagten, bei „lokalem Ausbruchsgeschehen“ werde bereits eine Maskenpflicht „zeitweise und für ausgewählte Bereiche“ eingeführt. Allerdings gelte diese meist nur für Mitarbeitender in der Patientenversorgung, für Besucher und Personen mit Erkältungssymptomen.

Auch der Deutsche Hausärzteverband sprach sich für freiwillige Regelungen aus. „Je nach konkreter Situation ergibt es gerade in der aktuellen Infektwelle absolut Sinn, in den Praxen eine Maske zu tragen“, sagte Verbandschef Markus Beier der F.A.Z. „Wer beispielsweise in eine Infektsprechstunde kommt, ist sehr gut beraten sich mit einer Maske zu schützen.“ Freiwillige Regelungen reichten aber aus.

Vorläufiger Höhepunkt der Ansteckungen war Mitte Dezember

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts wurde der vorläufige Höhepunkt von Atemwegserkrankungen in Deutschland Mitte Dezember erreicht.

In Spanien hat das nationale Gesundheitsministerium das Tragen einer Maske in allen Gesundheitseinrichtungen von Mittwoch an wegen einer starken Infektionswelle wieder zur Pflicht erklärt. Den regionalen Gesundheitsministern war es zuvor nicht gelungen, einen Konsens zu erzielen. Gesundheitsministerin Mónica García begründete die vorübergehende Maßnahme mit dem Schutz von besonders gefährdeten Kleinkindern, älteren Menschen und des Gesundheitspersonals. Mehrere konservative Regierungen hatten den Schritt abgelehnt, einigen Ärzte- und Gesundheitsverbänden geht er jedoch noch nicht weit genug. Sie fordern eine Maskenpflicht auch in öffentlichen Verkehrsmitteln.

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Nach Angaben des des nationalen Gesundheitsinstituts Carlos III. war laut den jüngsten verfügbaren Zahlen vom 4. Januar zuletzt ein Anstieg der Grippeinfektionen um 76 Prozent und der Krankenhauseinweisungen um 60 Prozent zu verzeichnen. Der Höhepunkt der Grippewelle und anderer Atemwegsinfektionen wird erst in der dritten Januarwoche erwartet. Bis heute hat die nationale Grippe-Inzidenz bereits fast 1000 Fälle pro 100.000 Einwohner erreicht, wobei einige autonome Regionen haben diesen Wert schon überschreiten. Bei Corona stabilisierten sich demnach die Inzidenzraten in der Primärversorgung, während die Hospitalisierungsraten besonders bei den älteren Patienten weiter steigen. Als eines der letzten europäischen Länder schaffte Spanien erst im Februar 2023 die Maskenpflicht im öffentlichen Nah- und Fernverkehr sowie an Bord spanischer Passagierflugzeuge ab. Nur noch in Apotheken, Arztpraxen, Krankenhäusern und Altersheimen blieben die Masken noch einige Zeit vorgeschrieben.

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