US-Geheimdienste kaufen Daten von Apps – und sparen sich das Schnüffeln

Neue Studie
Werbedaten auf Geheimdienst-Niveau: US-Dienste kaufen Daten von Apps – und sparen sich das Schnüffeln

Standortdaten und ähnlich sensible Informationen kaufen Geheimdienste längst ein, statt sie selbst zu sammeln (Symbolbild)

© gorodenkoff / Getty Images

Dass unsere Onlinedaten gesammelt werden, ist den meisten Menschen klar. Wie sehr sie dadurch gläsern werden, eher nicht: In den USA kaufen Geheimdienste die Daten mittlerweile, statt selbst zu überwachen. Und bekommen so sogar mehr Informationen als durch klassische Spitzel-Methoden.

Früher waren Abhören, Überwachungsmaßnahmen und Spionage für Geheimdienste das beste Mittel, um an Informationen zu kommen. In den USA kaufen die Dienste diese Daten mittlerweile einfach ein. Denn Smartphone-Apps, Autos mit Internetverbindung oder auch einfache Webseiten wissen nahezu alles von uns. Und bieten die Daten reihenweise zum Verkauf an. Sehr zur Freude der Geheimdienste.

Die von professionellen Datenhändlern angebotenen Pakete enthielten “Informationen über nahezu jeden, die von der Art und der Tiefe der von klassischen Methoden entsprechen”, erklärt eine aktuelle Studie, die von der obersten US-Geheimdienstchefin Avril Haines in Auftrag gegeben wurde. Sie wollte wissen, in welchem Ausmaß die US-Geheimdienste von kommerziellen Anbietern gesammelte Informationen einkaufen. Und wie sie diese nutzen.

Werbedaten auf Geheimdienst-Niveau

Vor allem die Erkenntnis, dass die Qualität der Daten an die von klassischen Methoden der Geheimdienstarbeit heranreicht, ist schlicht erschreckend. Schließlich nennt der Bericht hier explizit auf einzelne Personen abgerichtete Spionage wie das Abhören von Telefonen, die Beschattung und gezielte Hacks. Nun stehen also ähnlich präzise Informationen zu nahezu jedem Bürger zur Verfügung.

Das zeigt auch, wie stark die Sammelwut der Datenhändler in den letzten Jahren zugenommen hat. Hatten die zunächst nur Basisinformationen wie die Adresse und einige persönliche Daten umfasst, sind in den Datensätzen längst auch alle Bewegungsdaten, die persönlichsten Vorlieben oder die Gesundheitsdaten zu finden. Weil die Gesellschaft sich mit Fitnesstrackern, smarten Autos und digitalem Zahlen immer transparenter macht und den Zugriff von Apps auf diese Daten zu freigiebig zulässt, wird quasi das ganze Leben nachvollziehbar.

Dabei hilft auch nicht, dass die Datensätze von den Händlern vorgeblich anonymisiert werden. Dabei werden in der Regel nur klar identifizierende Merkmale wie der Klarname oder die E-Mail-Adresse entfernt. Hat man den kompletten Satz der übrigen Daten, lassen sich die Sätze in der Regel trotzdem klar einer Person zuordnen. Weiß man etwa, wo eine Person jede Nacht parkt und wo sie den Tag bei der Arbeit verbringt, lässt sich 1 und 1 nicht allzu schwer zusammenzählen. Der Bericht betont sogar, dass die Behörden dazu in der Lage sind.Hacker Russland

Forderung nach strengeren Regeln

In welchem Ausmaß die Dateneinkäufe tatsächlich erfolgten, scheint auch die oberste Geheimdienstführung überrascht zu haben. Die Studie wurde erst erstellt, nachdem der demokratische Senator Ron Wyden um eine entsprechende Untersuchung gebeten hatte. Er sieht in der Datensammlung vor allem deshalb ein riesiges Problem, weil der Einkauf der Daten anders als bei klassischen Überwachungsmethoden nicht von einem Richter genehmigt werden muss. “Wenn sich die Behörden einfach einen Weg erkaufen können, den vierten Verfassungszusatz zu umgehen, bleiben kaum noch ernstzunehmende Grenzen einen Überwachungsstaat in seinen Grenzen zu halten”, klagte er in einem Statement.

Er fordert entsprechende Gesetzesinitiativen, um den Einkauf der Daten durch die Behörden und auch die ungebremste Sammelwut der Datenhändler einzuschränken. Den US-Bürgern sollte das nicht nur in Bezug auf die Regierung wichtig sein: Die sogenannten Databroker sammeln die Daten schließlich nicht nur für die Behörden. Sondern verkaufen Informationen auf Geheimdienstniveau an jeden, der dafür zu zahlen bereit ist.

Eine Änderung gab es immerhin bereits: Das FBI hatte im Frühjahr bereits zugegeben, über Smartphone-Werbung gesammelte Standort-Informationen und ähnliche Daten gekauft zu haben. Das wolle man auch weiter tun, verkündete Direktor Christopher Wray. Allerdings werde man in Zukunft dafür wie bei anderen Ermittlungsmethoden eine gerichtliche Genehmigung einholen.

Quellen:Studie der US-Geheimdienstführung, Statement von Senator Wyden, Wall Street Journal

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