Spuren von Vogelgrippevirus auch in US-Supermarktmilch nachgewiesen

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Berlin – In Proben von im Handel erhältlicher Milch in den USA sind Bestandteile des hochpathogenen Vogel­grippevirus H5N1 nachgewiesen worden. Das berichtet die Food and Drug Administration (FDA) gestern in einem Update zur Epidemie.

Demnach erhielt die FDA einige erste Ergebnisse aus einer repräsentativen landesweiten Untersuchung und ist noch dabei, diese zu analysieren. Die bisherigen Befunde zeigten jedoch, dass etwa eine von fünf der getesteten Proben von Supermarktmilch positiv auf H5N1-Fragmente war.

In Gebieten mit infizierten Kuhherden sei der Anteil höher ausgefallen, hieß es, ohne dass dazu genauere Angaben gemacht wurden. Auch nähere Informationen zu den bisher untersuchten Milchproben nannte die FDA zunächst nicht.

Die Tests wurden der FDA zufolge mit quantitativer Polymerase-Kettenreak­tion (qPCR) durchgeführt. Die PCR weist nur die Virusgene nach, sodass offen bleibt, ob diese von intakten Viren stammen.

„Weitere Tests sind erforderlich, um festzustellen, ob der Erreger noch in intakter Form vorliegt und ob er infek­tiös bleibt“, schreibt die FDA. Dies würde helfen festzustellen, ob mit dem Konsum des Produkts irgendein Krankheitsrisiko einhergehen könnte. Es liefen noch weitere Untersuchungen.

Die bisherigen Ergebnisse ändern nach FDA-Angaben nichts an der Einschätzung, dass die Milchversorgung sicher sei.

Von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) habe man weiterhin keine Hinweise auf eine Zunahme von Grippefällen bei Menschen und insbesondere auch keine weiteren bestätitigten H5N1-Fälle. Die Ausnahme ist der bereits bekannte Fall eines Mannes, der in Texas direkt mit infizierten Kühen zu tun hatte.

Die CDC erklären auf ihrer Webseite zu H5N1, dass derzeitige Public-Health-Risiko als niedrig eingeschätzt werde, die Situation werde aber genau beobachtet.

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Nach bisherigen Angaben sind in den USA mehr als 30 Kuhherden mit H5N1 infiziert. Erst vor einigen Tagen waren Nachweise von Genen des Erregers in Rohmilchproben bekannt geworden. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete.

Offene Fragen und Besorgnis bei deutschen Fachleuten

Fachleute in Deutschland reagierten heute mit Besorgnis auf die Erkenntnisse in den USA. „Dass Spuren dieser Viren in Milch aus Supermärkten nachgewiesen wurde, ist ein alarmierendes Signal“, sagte Martin Schwemmle, Forschungsgruppenleiter am Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg.

Der Infektionsweg ist noch nicht klar. „Der Schlüssel der Infektion ist bei Milchkühen offenbar das Euter“, sagte Martin Beer, Leiter des Instituts für Virusdiagnostik am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI). Im Respirationstrakt zeige sich nach bisherigen Berichten sehr wenig Virus. „Die Verbreitung erfolgt vermutlich über den zum Teil auch stark automatisierten Melkvorgang.“

„Ob die Infektion über das Euter erfolgt oder ob es sich um eine Schmierinfektion handelt, ist noch unklar“, meint der Freiburger Wissenschaftler Schwemmle. Auch die Atemwege könnten derzeit nicht sicher ausgeschlossen werden.

Zwar wird das Virus bei der Pasteurisierung durch die Erhitzung abgetötet, wie Beer sagte. Daher werde her­kömmliche Supermarktmilch in den USA als unbedenklich erachtet. „Aber selbst die genetischen Virusbestand­teile sollten möglichst nicht in der Milch zu finden sein.“

Als Problem nannte Schwemmle nachgewiesene hohe Virustiter in der Milch: Das bedeute, dass das Virus nicht nur mit jedem Tropfen Milch, der in die Umwelt gelangt, verbreitet werde, sondern dass das gesamte für die Milchproduktion nötige Arbeitsgerät kontaminiert sein könne. „Ich glaube, dass es sehr schwer ist, solche weit verbreiteten Kontaminationen in den Griff zu bekommen.“

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In Europa lagen zunächst keine Hinweise auf Infektionen mit H5N1 bei Milchkühen vor – das Deutsche Ärzteblatt berichtete über den Stand in Deutschland. Aus Sicht Schwemmles könnte sich das jederzeit ändern. Er sprach sich für eine zeitnahe und engmaschige Überwachung der deutschen und europäischen Tierbestände durch Fachleute der Veterinärbehörden aus.

Kontrollsystem in Deutschland sei besser

„Die Aufmerksamkeit des Friedrich-Loeffler-Instituts und der Forschenden gegenüber dieser Situation ist sehr hoch“, bekräftigte Beer. Die Behörden wüssten, dass bei etwaigen unerklärlichen Krankheitsbildern in Kuhbe­ständen, die mit Milchrückgang einhergehen, auch an H5N1 gedacht werden müsse.

Hierzulande sei auch das Kontrollsystem besser als in den USA, erläuterte Beer. „In Deutschland haben wir eigentlich das gläserne Rind. Jedes Tier ist eindeutig markiert und jede Tierbewegung ist über eine Datenbank nachvollziehbar. Das ist in den USA nicht so.“

Beer bemängelte, dass Informationen und Daten aus den USA viele Fragen offen ließen. Insgesamt wertete er das Geschehen dort als erstaunlich. Es beunruhige ihn, dass es nun mit dem Rind einen ganz neuen Viruswirt gebe. „Und das will man eigentlich überhaupt nicht. Ein an Rinder angepasstes Influenza-A-Virus müssen wir auf jeden Fall verhindern.“ Jeder neue Säugetierwirt könne das Virus dem Menschen ein Stück näherbringen.

Als sehr unerfreulich wertete Beer, dass man immer noch zum Beispiel über die Übertragungswege spekulieren müsse, weil epidemiologische Daten fehlten. „Das Virus wird versuchen, sich weiterzuentwickeln, deshalb ist es wichtig, dass rasch Maßnahmen wie Transportbeschränkungen getroffen werden.“ © ggr/aerzteblatt.de

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