Porsche steigt groß beim VfB Stuttgart ein und ersetzt teilweise den Lokalrivalen Mercedes-Benz. Insgesamt soll das Paket ein Gesamtvolumen von mehr als 100 Millionen Euro haben. Der Verein, der finanziell stark unter der Corona-Pandemie gelitten hatte, will mit dem Geld das Eigenkapital stärken und in Kader und Infrastruktur investieren. Vertreter des Fußballvereins und der beiden Stuttgarter Autokonzerne präsentierten die Vereinbarung am Dienstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Der Sportwagenhersteller übernimmt mit seiner Managementberatung MHP die Namensrechte für das Stadion des Konzerns für mindestens 10 Jahre. Die bisherige Mercedes-Benz-Arena wird damit zur MHP-Arena. Mercedes gibt die Namensrechte nach Angaben von Vertriebsvorstand Britta Seeger vorzeitig und unentgeltlich zurück, was die Kritik an dem Teilausstieg des Premiumherstellers besänftigen dürfte. Berichten zufolge sinkt der jährliche Sponsoringbetrag von 16 auf 3 Millionen Euro.
Der Konzern, dessen Hauptverwaltung wenige Meter vom Stadion entfernt steht, ist von der kommenden Saison an nicht mehr Hauptsponsor und Ärmelpartner des Vereins. Die Mercedes-Benz-Bank zierte zuletzt die Brust der Spieler, auf dem Ärmel warb der Verein für die Elektroautos. Wer die Plätze übernimmt, ist noch offen. Der VfB-Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle deutete an, dass es sich um einen Mittelständler aus der Region handeln könnte.
Potential nicht ausgeschöpft
Porsche soll nun zudem als weiterer Anteilseigner einsteigen und ein ähnlich großes Paket übernehmen wie Konkurrent Mercedes. Dieser hatte vor 6 Jahren 41,5 Millionen Euro für 11,75 Prozent der Anteile gezahlt. Porsche soll nun in diesem Sommer in einer ersten Tranche 5 Prozent der Anteile übernehmen und das Paket innerhalb eines Jahres weiter aufstocken, sagte Wehrle. Juristisch besiegelt ist der Einstieg noch nicht, steht aber laut Wehrle und Porsche-Vizechef Lutz Meschke, der ebenfalls auf dem Podium saß, kurz bevor.
Alle Beteiligten übten sich in der Pressekonferenz in Pathos und sprachen von einem „großen“ oder „historischen“ Tag für den Verein. Die VfB-Vertreter nannten die Vereinbarung ein „Weltmarkenbündnis“. Er habe in einer Pressekonferenz bisher selten Szenenapplaus bekommen, sagte Wehrle, nachdem einige Anwesende geklatscht hatten. Man wolle zusammen mit Mercedes die Kräfte bündeln und Aufbruchstimmung erzeugen, sagte Porsche-Finanzvorstand Meschke. Der VfB habe sein Potential zuletzt nicht ausgeschöpft.
Die Vereinbarung steht exemplarisch für die unterschiedliche Ausrichtung der beiden Autokonzerne. Porsche hat mit Vorstandschef Oliver Blume und Vizechef Lutz Meschke, der die Vereinbarung am Dienstag mitpräsentierte, zwei leidenschaftliche Fußballer im Vorstand, die zudem gern auf Fußballmetaphern zurückgreifen. Etliche Mitglieder der Familie Porsche-Piëch, die seit dem Börsengang im vergangenen Jahr wieder direkt an dem Sportwagenbauer beteiligt ist, sind der Stadt Stuttgart auch emotional eng verbunden.
Mercedes-Benz zieht sich dagegen tendenziell zurück aus der Stadt. Vor zwei Jahren hat der Modekonzern Hugo Boss das Namenssponsoring des traditionsreichen Herren-Tennisturniers von Mercedes übernommen. Konzernchef Ola Källenius hält das Sponsoringgeld anderswo für besser angelegt, etwa im wichtigsten Einzelmarkt China. Auch die beiden größten Anteilseigner des Traditionsunternehmens kommen aus China und halten jeweils knapp ein Zehntel. Alle Beteiligten bemühten sich, dass die Vereinbarung nicht als Teilrückzug angesehen wird. Mercedes stehe weiterhin als starker Partner zur Verfügung, sagte Mercedes-Managerin Seeger, die sich als leidenschaftlichen VfB-Fan bezeichnete.