Marcel Hirscher kehrt in den Weltcup zurück – für die Niederlande

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Für Österreich hat er alles gewonnen, nun gibt Hirscher nach fünf Jahren das Comeback. Experten glauben, er könne es zurück an die Spitze schaffen. Oder ist alles nur ein Marketing-Coup?

Marcel Hirscher fährt neu für die Niederlande statt für Österreich Ski – 2019 gab er noch im ÖSV-Tenue den Rücktritt.

Christoph Ruckstuhl / NZZ

Marcel Hirscher hat das Skifahren während seiner Karriere auf ein neues Level gehoben. Und die Konkurrenten mit seiner Akribie und seinem Ehrgeiz dazu getrieben, immer noch ein bisschen härter zu arbeiten.

Nun dürfte er auch in der Kategorie «Überraschung» die Latte so hoch gelegt haben wie keiner vor ihm: Fünf Jahre nach seinem Rücktritt möchte der achtfache Gesamtweltcup-Sieger, der Doppel-Olympiasieger und fünffache Weltmeister ins internationale Renngeschehen zurückkehren.

Aber nicht etwa für Österreich, sondern für die Niederlande, das Land seiner Mutter. Erst vor einem Monat hatte es im Skizirkus einen anderen spektakulären Nationenwechsel gegeben, den von Lucas Braathen von Norwegen zu Brasilien.

«Ich möchte vor allem die Möglichkeit haben, ab und zu wieder Wettkämpfe zu bestreiten, einfach weil es mir Spass macht», sagt Hirscher per Medienmitteilung und Videobotschaft. «Ich gehöre einfach dahin.» Sein Comeback-Projekt gehe einfacher als Niederländer. «Die Zukunft im ÖSV gehört den jungen Athleten, und deshalb möchte ich nicht, dass meinetwegen Ressourcen gebunden, Ausnahmeregeln gemacht oder Startplätze frei gehalten werden.»

Der Österreichische Skiverband hat ihn schon freigegeben

Gemäss Christian Scherer, dem Geschäftsführer des Österreichischen Skiverbands (ÖSV), hat man sich zwar bemüht, Hirscher von einem Verbleib im ÖSV zu überzeugen. Doch schliesslich habe man Hirschers Wunsch entsprochen und ihn freigegeben. Nun muss nur noch der FIS-Vorstand dem Nationenwechsel zustimmen. Eine reine Formalität, denn der Skisport wird von der Rückkehr eines seiner schillerndsten Athleten nur profitieren.

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Das gilt auch für Hirschers eigene Skimarke «Van Deer», die an seinen Füssen noch mehr Aufmerksamkeit erhalten wird als ohnehin schon. Denn Rennen zu fahren, «einfach, weil es Spass macht» – das wäre ganz und gar untypisch für den langjährigen Dominator des Weltcups, der mittlerweile 35 Jahre alt ist.

Der Schweizer Slalomchef Matteo Joris räumt Hirscher gute Chancen ein, wieder vorne mitfahren zu können – allerdings eher im Riesenslalom als im Slalom. Erstens, weil man dort in einer Zeit mit wenig Training weniger verliere als im Slalom, in dem es sehr viele Trainingstore braucht, um kompetitiv zu sein. Zweitens benötige auch ein brillanter Fahrer wie Hirscher eine gute Piste, wenn er mit der Startnummer 140 an einem FIS-Rennen starten muss. Solche Bedingungen seien in den unterklassigen Rennen aber selten.

In diesen FIS-Rennen muss Hirscher die nötigen Punkte erringen, um wieder auf höherer Stufe starten zu dürfen. Der Weg in den Weltcup könnte für Hirscher deswegen ein langer sein, er soll diesen Sommer in Neuseeland beginnen. Schaffe er es, «denke ich, dass Marcel im Riesenslalom wieder in die Top Ten fahren kann», sagt Joris.

«Er liegt nur drei, vier Zehntel hinter den anderen»

Joris hat mit seiner Slalomgruppe im vergangenen Winter ein paar Mal mit dem Norweger Henrik Kristoffersen zusammengespannt, der auf Ski von Hirschers Marke fährt. In welchem Umfang Hirscher noch trainiert hat, ist nicht bekannt. Doch Joris hat Hirscher einige Male fahren sehen und war beeindruckt. «Im Riesenslalom ist er nicht weit weg, vielleicht drei bis vier Zehntelsekunden pro Lauf.»

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Die Rückkehr der früheren Überfigur Hirscher eröffnet auch die Möglichkeit eines Riesenslalom-Duells zwischen ihm und Marco Odermatt. Toni Giger, der Rennchef von «Van Deer», wollte allzu hohe Erwartungen in einer Medienrunde am Dienstag allerdings dämpfen: Weltcup-Einsätze seien noch weit entfernt.

Sollte das Comeback hauptsächlich ein Marketing-Coup sein, wäre auch möglich, dass Hirscher auf die kommenden Weltmeisterschaften zielt, die im Februar 2025 in seinem Heimat-Bundesland Salzburg stattfinden werden. Joris glaubt, dass Hirscher die Bedingungen problemlos erfüllen wird, um in Saalbach-Hinterglemm starten zu dürfen – selbst wenn er dafür vor Ort über die Qualifikation müsste, in der normalerweise die Exoten starten. Auf ein kurzes Comeback könnte auch die Videobotschaft hinweisen, in der er sagt, dass zu seinem Palmarès nur ein paar wenige Rennen für sein Mutterland hinzukommen würden.

Als Hirscher vor fünf Jahren verhältnismässig früh mit 30 Jahren zurücktrat, war er mit seinen Kraftreserven am Ende. Zwar hatte er sich gemäss eigener Aussage am Ende jeder Saison ausgequetscht und demotiviert gefühlt. 2019 aber spürte er, dass er nicht mehr bereit war, alles für diese Perfektion zu geben, die für ihn der einzige Weg war, Sportler zu sein: Er tüftelte mit seinem Vater Ferdinand insbesondere im Materialbereich an jedem Detail, verbesserte alles, was möglich war.

Energie raubte ihm aber auch sein Status in Österreich, wo er sich nicht mehr so frei bewegen konnte, wie er sich das wünschte. Diese Woche sagte er der österreichischen «Kronenzeitung» bei einem seiner seltenen Auftritte an einem Sponsorentermin in Wien, dass das Verhalten ihm gegenüber respektvoller geworden sei. «Irgendwie fühle ich mich jetzt nicht mehr als österreichisches Staatseigentum, sondern spüre mehr Wertschätzung der Menschen. Das ist ein sehr schönes Gefühl.»

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Sieben WM-Titel und vier Silbermedaillen: Marcel Hirscher ist der erfolgreichste WM-Teilnehmer der Geschichte.

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Giovanni Auletta / AP

Die ersten Jahre nach dem Rücktritt hatte er mit Leidenschaften gefüllt, die während seiner Karriere zu kurz gekommen waren. Allen voran mit Motorradfahren. Auch Ski- , Bike- und Bergtouren standen fast täglich auf dem Programm. Die Fitness wird beim Comeback kein Problem sein, körperlich ist er in Topform.

Kristoffersen vom Konkurrenten zum Partner – und nun?

In der Mühle des Profisports sei ein bisschen etwas von seiner Persönlichkeit auf der Strecke geblieben, sagte er einmal: Lockerheit, Leichtigkeit, Spontaneität, Offenheit. Diese Eigenschaften habe er danach wiedergefunden. Ziemlich schnell aber spürte er auch seinen Ehrgeiz wieder. Aus dem grossen Traum, einmal eigene Ski für ein paar Freunde zu bauen, wurde rasch eine ernste, grosse Sache. Im September 2021 verkündete er bei der Vorstellung von «Van Deer», dass diese Ski dereinst Weltcup-Rennen gewinnen würden.

Seine Aussage bewahrheitete sich bereits anderthalb Jahre später: Am 15. Januar 2023 siegte Henrik Kristoffersen auf den neuen Ski im Slalom von Wengen und wurde Slalom-Weltmeister. Eine sensationelle erste Saison für die junge Marke, für die Hirscher einige der erfahrensten Leute aus dem Skisport gewinnen konnte. Dass ein Weltklasseathlet wie Kristoffersen das Wagnis ebenfalls einging, war natürlich ein Glücksfall.

«Es ist hundertprozentig besser und einfacher, mit ihm zu arbeiten als gegen ihn», sagte Kristoffersen in einem Dokumentarfilm zu seiner Zusammenarbeit mit Hirscher, mit dem er zuvor eine ausgeprägte Rivalität pflegte. Es wird spannend sein, zu sehen, wie das noch kleine Team mit der neuen Situation umgeht, zwei extrem fordernde Athleten mit unterschiedlichen Rennprogrammen zu betreuen und zufriedenzustellen.

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