Herrenhäuser in Wales: Diese Landsitze sind heute Hotels

Für Burgenfans ist Wales ein Traumland. Auf jedem Hügel, in Tälern und auch direkt an der Küste wartet Feudales aus Stein. Immerhin stehen hier, im Südwesten Großbritanniens, zwischen Meer und Bergen, noch mehr als 400 Burgen und Schlösser; gut 600 solcher Prachtbauten wurden im Laufe der Geschichte in Wales dokumentiert.

Das Land hat damit, nach Angaben des Tourismusverbands Visit Wales, die höchste Burgen- und Schlösserdichte weltweit pro Quadratkilometer. Dabei ist es nur ungefähr so groß wie Hessen. Allerdings, das muss man dazu sagen, war man bei der Auflistung großzügig: Gezählt wurden alle Burgen, egal ob intakt oder Ruine, dazu jedes Schloss und Schlösschen, aber auch Landsitze, Herrenhäuser und uralte Gehöfte mit Türmchen.

Vor allem im Norden von Wales haben sich im Laufe der Jahrhunderte einflussreiche Familien stilvolle Landsitze errichten lassen. Einige sind heute Hotels. Wo einst sogar Royals unterkamen, können sich Britannien-Urlauber wie eine Lady oder ein Lord fühlen. Mit Retro-Charme zwischen von Schafen beweideten Wiesen und Parks, zwischen der Irischen See und dem Snowdonia-Nationalpark mit den höchsten Bergen Großbritanniens südlich von Schottland. Wir stellen drei besonders sehenswerte Landsitze zum Besichtigen und Logieren vor.

Bodysgallen Hall: Mit Absicht altmodisch

Dieses Haus hat über die Jahrhunderte „gearbeitet“. Manchmal hängt hier eine Decke etwas durch, dort steht eine Wand nicht mehr ganz gerade. Rechte Winkel haben ein schiefes Eigenleben entwickelt, Täfelungen haben Schrammen. Die Holzdielen knarzen, die antiken Möbel riechen unnachahmlich nach Politur. An hohen Wänden haben Ölgemälde in Goldrahmen und Familienwappen Patina angesetzt, mit dem einen oder anderen Staubfaden, fast wie absichtlich künstlerisch drapiert.

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„In vielen anderen Landhäusern haben sie all das alte Zeug herausgerissen, um modern zu wirken“, sagt Steven Kean, Senior Assistant Manager, bei einer Führung. Nicht so in diesem Haus. „Manche Leute finden das altmodisch. Aber genau das ist die Idee.“ In der Tat fühlt sich eine Übernachtung in Bodysgallen Hall wie eine Zeitreise an. Der älteste Teil des Gebäudes, zu dem die prunkvolle Eingangshalle mit zwei Kaminen gehört, stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert.

Herrenhäuser in Wales, Großbritannien

Quelle: Infografik WELT

Damals residierte hier Richard Mostyn mit seiner Familie, High Sheriff vom nahen Caernarfonshire, ein wichtiger und wohlhabender Mann. Ein Küchenflügel kam um 1730 hinzu, die ummauerten Gärten wurden angelegt, nach dem Muster, das heute noch zu sehen ist. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Bodysgallen Hall zu einem architektonischen Durcheinander vieler Epochen geworden.

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„Heute sieht alles gleich alt aus, aber dieser Eindruck trügt“, sagt Steven Kean. Der Verfall setzte ein, als ein nachlässiger Sprössling der Familie, Ievan Mostyn, das Haus 1949 übernahm. Seine Nichte verkaufte das heruntergekommene Anwesen 1969 an die Historic House Hotels, die in den frühen 1980er-Jahren mit der Renovierung begannen. Seitdem können auch zahlende Gäste in Bodysgallen Hall übernachten. 2008 wurde das Haus dem britischen National Trust übergeben, der sich um den Erhalt alter Herrenhäuser und Gärten kümmert.

Das Anwesen fügt sich diskret in die Landschaft ein, man sieht es erst spät, wenn man die Straße auf den Berg Pydew hinauffährt. Seine wahren Dimensionen erschließen sich oben auf dem Turm des Hauses. Man schaut über den akkurat gestalteten Garten hinüber zum Städtchen Conwy mit seiner Burg, dahinter die Berge. Ein namenloser Künstler fing von hier die Stadtansicht ein, das Bild hängt unten im Esszimmer. Gemalt wurde es um 1890.

Großbritannien: Das Städtchen Conwy mit seiner prächtigen Burg lohnt einen Stopp auf der Reise durch den Norden von Wales

Das Städtchen Conwy mit seiner prächtigen Burg lohnt einen Stopp auf der Reise durch den Norden von Wales

Quelle: Getty Images/Alexander Spatari

„Relativ neu“, sagt Kean. Damit fängt er den ganzen Charme von Bodysgallen Hall in zwei Wörtern ein. Richtig neu ist der Spa-Bereich des Hotels. Noch entspannender als im Spa ist es allerdings, vor dem prasselnden Kaminfeuer zu sitzen, während draußen der typische walisische Landregen niedergeht.

Tipp: Das nahe Städtchen Conwy mit seiner Prachtburg ist ein guter Sightseeing-Stopp auf Rundreisen durch Nordwales.

Übernachtung: „Bodysgallen Hall and Spa“, ein Doppelzimmer mit Frühstück kostet umgerechnet ab 300 Euro pro Übernachtung, bodysgallen.com

Plas Dinas: Im Zimmer der Prinzessin

Das Herz von Plas Dinas ist ein gewaltiger, steinerner Kamin. Um die Feuerstelle herum wurde das Anwesen im 17. Jahrhundert errichtet. Der Kamin befindet sich im „Gunroom“, dem Speisezimmer, nach dem das vom „Guide Michelin“ empfohlene Restaurant des Herrenhauses benannt ist.

Wales: Ein Himmelbett im „Plas Dinas Country House“

Ein Himmelbett im „Plas Dinas Country House“

Quelle: Plas Dinas Country House

An der Wand hängt dann auch eine große Flinte der einstigen Besitzer. Sie gehörte Major Ronald Armstrong-Jones – er ging damit gern auf Entenjagd. Das heutige Hotel „Plas Dinas Country House“ war lange der Landsitz der Familie Armstrong-Jones. Familienporträts, Wappen und Erinnerungsstücke lassen diese vergangene Zeit aufleben. Ronald und seine Frau Anne hatten einen Sohn, Antony, bekannt als Lord Snowdon. Der Fotograf war 18 Jahre mit Prinzessin Margaret, der jüngeren Schwester von Elizabeth II., verheiratet.

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Nach der Prinzessin ist das opulenteste Zimmer des Hotels benannt, es steht voller viktorianischer Antiquitäten. Wer hier unterkommt, kann sich zumindest für eine Nacht einbilden, ein entferntes Mitglied der königlichen Familie zu sein. Prinzessin Margaret (1930–2002) kam damals oft von London auf den Landsitz hier oben im Nordwesten von Wales. Sie war, so erzählen es die Einheimischen, vor Ort sehr beliebt.

Auch der heutige Besitzer, Daniel Perks, der als Hotelier Plas Dinas mit seiner Frau Annie führt, war sofort angetan von diesem Ort. „Es war ein wunderschöner Frühlingsmorgen“, erinnert sich Perks an seinen ersten Besuch. Auf der Wiese hinter dem Haus blühten blaue Hasenglöckchen, die Sonne fiel durch die Bäume, in der Ferne schimmerte die Küste. Er sagt: „Wir waren schon verliebt, bevor wir einen Schritt durch die Tür machten.“

Das war 2019. Die Zuversicht währte nicht lange. Wenige Monate später kam der Corona-Lockdown. Doch das Paar nutzte die Zeit der Pandemie für eine aufwendige Renovierung.

Das Restaurant des Herrenhauses wird vom „Guide Michelin“ empfohlen

Speisen mit Stil: Das Restaurant des Herrenhauses wird vom „Guide Michelin“ empfohlen

Quelle: Plasdinas

Heute wirkt das „Plas Dinas Country House“ durchaus prätentiös, aber fühlt sich trotzdem gemütlich an. Manche Gäste tragen abends Jeans und T-Shirt, andere Smoking und Fliege. Seltsamerweise passt beides. Nicht zuletzt überzeugt auch die Lage des Hotels: genau zwischen Bergen und Meer.

Tipp: Ein Ausflug zum nahe gelegenen Caernarfon Castle, eine der bedeutendsten Burgen in Wales und Unesco-Weltkulturerbe. Für Tagestouren bieten sich die Halbinsel Anglesey und der Snowdonia-Nationalpark an.

Übernachtung: „Plas Dinas Country House“, ein Doppelzimmer mit Frühstück kostet umgerechnet ab 220 Euro pro Übernachtung, plasdinas.co.uk

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Palé Hall: Das Haus des Tycoons

Das Anwesen inmitten einer Parkanlage nahe der Stadt Bala wirkt schon von Weitem wie ein kleines Schloss. Der einstige Besitzer Henry Robertson, ein schottischer Ingenieur und Eisenbahn-Magnat, hatte seinem Architekten eine uneingeschränkte Vollmacht gegeben, die Kosten spielten keine Rolle. So wurde Palé Hall im Jahr 1871 fertiggestellt, mit mehreren Türmchen, prächtiger Eingangshalle samt handgeschnitzter Balustraden und 22 Schlafzimmern.

Wales: Der Eingang zu Palé Hall ist feudal

Der Eingang zur Palé-Halle ist feudal

Quelle: Philipp Laage

Henry Robertson war damals durch Abbau und Transport der Bodenschätze in Nordwales zu Geld gekommen: Kohle, Kalkstein, Eisenerz. Das Baumaterial für sein Anwesen ließ er mit eigenen Dampfzügen anliefern. Das Ansehen des Geschäftsmanns ist bis heute groß, überall im Hotel prangt sein Bild, und das Restaurant ist nach ihm benannt.

Kurz nach seinem Tod 1888 besuchte sogar Queen Victoria Palé Hall. Das originale, von ihr benutzte Bad und der Rahmen des Himmelbetts von damals sind noch immer im Einsatz. Eine andere Suite ist nach Winston Churchill benannt, der in den 1950er-Jahren oft im Haus zu Gast war und gern mit der Familie auf Jagd ging.

Wales: Ein Zimmer in Palé Hall mit frei stehender Badewanne

Ein Zimmer in Palé Hall mit frei stehender Badewanne

Quelle: Philipp Laage

Was Palé Hall zudem besonders macht, ist die Elektrizitätsversorgung. Sie funktioniert noch genauso wie zum Zeitpunkt der Installation im Jahr 1920: Ein Wasserlauf treibt eine Turbine an. Dass sich das Haus selbst mit Strom versorgen konnte, hat letztlich die kunstvollen Holzvertäfelungen vor der Zerstörung bewahrt. Denn der Duke of Westminster, der das Anwesen 22 Jahre lang besaß und die meiste Zeit leer stehen ließ, konnte trotzdem kostenneutral die Räume beheizen.

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Im Ersten Weltkrieg wurde Palé Hall zu einem Militärkrankenhaus umfunktioniert, im Zweiten Weltkrieg brachte man hier Kinder sicher unter. Erst in den 1980er-Jahren wurde der Landsitz zu einem Hotel, das den Charme der Vergangenheit perfekt bewahrt hat. Wie es sich gehört, wird am Nachmittag Afternoon Tea serviert, und in der viktorianischen „Huntsman Bar“ macht der Barkeeper eine ausgezeichnete Bloody Mary.

Tipp: Das hübsche Städtchen Bala im östlichsten Zipfel des Snowdonia-Nationalparks lohnt sich. Populär ist auch Wildwasser-Rafting auf dem Afon Tryweryn.

Übernachtung: „Palé Hall Hotel & Restaurant“, ein Doppelzimmer mit Frühstück kostet umgerechnet ab 340 Euro pro Übernachtung, palehall.co.uk

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von visitwales.com. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.com/de/werte/downloads.

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