Die chinesische Regierung sagte, sie erwarte, dass die Wirtschaft des Landes in diesem Jahr um „rund 5 Prozent“ wachsen werde, ein Ziel, das erreichbar sein könnte, wenn die Aktivität schnell wieder ansteigt, aber immer noch erhebliche öffentliche Kredite und Ausgaben für Straßen, Eisenbahnlinien und andere Infrastruktur erfordern wird.
Li Keqiang, der in den kommenden Tagen sein Jahrzehnt als Ministerpräsident des Landes beenden wird, gab das Ziel am Sonntag bei der Eröffnung der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses bekannt.
„In diesem Jahr ist es wichtig, der wirtschaftlichen Stabilität Priorität einzuräumen und Fortschritte zu erzielen, während Stabilität gewährleistet wird“, sagte Herr Li.
Das neue Ziel stellt einen starken Anstieg gegenüber dem Wachstum von 3 Prozent dar, das China offiziell für 2022 gemeldet hat, ein Jahr, in dem die Wirtschaft durch die strikte „Null-Covid“-Politik erstickt wurde. Aber das neue Ziel ist bescheidener als das letztjährige Ziel, das „rund 5,5 Prozent“ betragen hatte.
„Dieses Wachstumsziel ist zwar aus der Perspektive der letzten Jahrzehnte bescheiden, aber im Vergleich zum Vorjahr moderat ehrgeizig, es deutet auf die Rückkehr des Wachstums als Leitstern der Wirtschafts- und Finanzpolitik hin“, sagte Eswar Prasad, Ökonom der Cornell University.
Ein zweimonatiger Lockdown in Shanghai im vergangenen Frühjahr störte die Fabrikproduktion und löste einen anhaltenden Einbruch des Verbrauchervertrauens und der Ausgaben aus, aus dem China erst jetzt herauskommt. Einige westliche Ökonomen haben angedeutet, dass das tatsächliche Wachstum im vergangenen Jahr sogar noch niedriger gewesen sein könnte als die von der Regierung gemeldeten 3 Prozent.
Seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 hat China einen Rückgang der wirtschaftlichen Erträge seiner öffentlichen Ausgaben erlebt. Die Zeiten des routinemäßigen jährlichen Wachstums von 8 bis 10 Prozent sind vorbei, glauben die meisten Ökonomen.
Dennoch investiert die Regierung immer noch stark in dünn besiedelte Gebiete, nachdem sie bereits hochautomatisierte Häfen und ein weltweit führendes Netz von Hochgeschwindigkeitsstrecken gebaut hat. Der neue Staatshaushalt, der ebenfalls am Sonntag veröffentlicht wurde, sah die Ausgabe von Sonderanleihen im Wert von 550 Milliarden US-Dollar durch lokale und provinzielle Regierungsbehörden vor, ein Großteil davon für die Infrastruktur.
Das ist ein geringerer Anstieg bei der Emission von Sonderanleihen im Vergleich zum letzten Jahr, als die meisten Ökonomen erwartet hatten. Schwache Einnahmen aus dem Verkauf von langfristigen Pachtverträgen für staatliches Land könnten die lokalen Regierungen auch davon abhalten, weiterhin in die Infrastruktur zu investieren.
Letzten Monat warnte der Internationale Währungsfonds, als er seine Wachstumsprognosen für China für die nächsten vier Jahre senkte, dass das Land von seiner Abhängigkeit von öffentlichen Ausgaben zu einer Politik übergehen muss, die mehr dazu beiträgt, die Verbraucherausgaben anzukurbeln. Dies könnte eine Senkung der Steuern auf die Lohnsummen der Arbeitgeber beinhalten, was die Arbeitgeber dazu veranlassen könnte, mehr Geld direkt an die Arbeitnehmer zu zahlen.
Noch vor wenigen Wochen wäre ein Wachstum von rund 5 Prozent in diesem Jahr wie ein hochgestecktes Ziel erschienen.
Die Exporte sind aufgrund der schwächelnden Nachfrage im Westen eingebrochen. Der Immobiliensektor des Landes befindet sich in einem Zeitlupen-Crash: Dutzende von Entwicklern sind insolvent und haben aufgehört, Land zu kaufen, was den lokalen Regierungen eine verlässliche Einnahmequelle entzieht, die sie benötigen, um Beamte zu bezahlen oder in die Infrastruktur zu investieren.
Aber ein abruptes Ende von „Null Covid“ Anfang Dezember hat zumindest eine vorübergehende Wende in der Wirtschaft bewirkt. Ein Bericht von letzter Woche zeigte, dass sich die Fabrikaktivitäten mit dem schnellsten Tempo seit mehr als einem Jahrzehnt beschleunigten.
