Unterwäsche und Schläge – so feiert Europa ins neue Jahr
Für viele Deutsche ist Silvester nicht vollständig ohne Raclette und Bleigießen. Auch unsere europäischen Nachbarn haben ihre Rituale – da wird von Stühlen gesprungen, Geld versteckt oder Mohn in den Schuh gestreut. Wir stellen einige Bräuche vor.
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Griechenland: Glücksspiel und Geld im Brot
Mit etwas Glück kann man als Grieche zu Silvester schon für das neue Jahr ausgesorgt haben. Oder eben auch nicht. Das Glücksspiel in jeder Form hat beim griechischen Jahreswechsel Tradition. Wem das noch nicht genügt, der isst ein Stück vom Neujahrskuchen „Vasilopita“ und hofft, die mitgebackene Münze darin zu finden (und nicht an ihr zu ersticken).
Österreich: im Walzerschritt ins neue Jahr
Österreich begrüßt das neue Jahr beschwingt mit einem Walzer. Auf vielen großen Plätzen in Österreichs Städten ertönt passende Musik und es wird dazu getanzt. Die große „Pummerin”, die Glocke des Wiener Doms, gibt um Mitternacht das Startzeichen dazu. Auf dem Land ziehen Neujahrssänger von Haus zu Haus und segnen Haus, Hof und Bewohner. Dafür erhalten sie kleine Geschenke.
Italien: rote Wäsche, Schweinsfüße und Linsen
Wer in Italien zuerst ein mehrgängiges Festmahl und dann noch Linsen und Schweinsfuß zu sich nimmt, all das in roter Unterwäsche, kann dem neuen Jahr zuversichtlich entgegenblicken. Die Linsen stehen für den materiellen Wohlstand, der Schweinsfuß für die Gesundheit. Und die rote Wäsche? Das muss ja wohl nicht erklärt werden. In Rom sollte sie jedenfalls spätestens zum traditionellen Neujahrsschwimmen im Tiber verschwunden sein.
Spanien: Fiesta mit zwölf Weintrauben
Natürlich ist in Spanien Silvester Grund genug für eine Fiesta und ein ausgiebiges Mahl. Es sollte jedoch unbedingt Platz für zwölf Weintrauben bleiben. Zu jedem mitternächtlichen Glockenschlag muss eine verspeist werden, ohne Verzählen oder Verschlucken. Dann kommt ein goldener Ring ins Champagnerglas – und erst anschließend darf sich zugeprostet werden. Für das neue Jahr sind so hoffentlich alle Weichen auf Glück gestellt.
Polen: Fenster auf und Mohn im Schuh
In Polen wird an Silvester gefeiert wie in den meisten anderen Ländern: gemeinsam mit Freunden bei einem guten Essen. Besonders ist, dass am letzten Tag des Jahres nicht geputzt werden sollte, um das Glück nicht zu verscheuchen. Um Mitternacht gibt es dann viel zu tun: Alle Türen im Haus müssen geöffnet werden, damit die guten Geister eintreten können. Als Zeichen für den Neuanfang werden auch noch alle Uhren im Haus aufgezogen. Frauen, die noch auf der Suche nach dem Richtigen sind, streuen sich Mohn in den Schuh.
Ungarn: bloß kein Geflügel
In Ungarn beginnt der Jahreswechsel für Hühner, Puten und Enten generell gut, traditionell sollen sie an Silvester nicht verspeist werden. Denn der Volksglaube sagt, mit ihren Flügeln trügen sie sonst das Glück davon oder verscharrten es unauffindbar. Für Fische gilt ähnliches – sie könnten davonschwimmen. Dafür wird viel Schweinernes gegessen. Das ist solide und steht für Gesundheit und Wohlstand. Und an Neujahr wird bevorzugt das getan, was man das ganze restliche Jahr auch gerne tun würde.
Schottland: Whisky von dunkelhaarigen Männern
In Schottland wird Hogmanay gefeiert. Am Silvesterabend ziehen junge Männer – natürlich im Kilt – durch die Straßen und klopfen an die Türen. Idealerweise haben sie ein Stück Black Bun, ein Früchtebrot, Kohle, Shortbread, Salz und selbstverständlich Whisky dabei. Je kürzer nach Mitternacht sie über die Schwelle treten, desto mehr Glück bringen sie. Das Ganze wird „first footing” genannt – und idealerweise gehört der erste Fuß einem dunkelhaarigen Mann. Denn als der Brauch entstand, waren die meisten Fremden blonde Wikinger. Und die brachten in der Regel Ärger.
Dänemark: runter von den Stühlen
Bei den meisten Dänen beginnt der Silvesterabend mit der Ansprache der Königin gegen 18 Uhr. Dann wird im Familien- und Freundeskreis erst einmal ausgiebig getafelt. Nach einem gehaltvollen Mahl, gerne bestehend aus Stockfisch, Aquavit und „Kransekage”, einer Art Baumkuchen, werden kurz vor Mitternacht Stühle bestiegen. Beim letzten Glockenschlag springt man dann gemeinsam zu Boden – wohl dem, der dann noch nicht zuviel Aquavit intus hat.
Bulgarien: frisch geschlagen ins Neue Jahr
An Silvester gibt’s in Bulgarien Schläge. Traditionell geschieht das mit einer Neujahrsrute aus den Stängeln der Kornelkirsche, die „Surwatschka” genannt wird. Diese Rute wird mit selbst gemachtem Backwerk und Papierschmuck verziert. Dann ziehen die „Surwakari”, meist sind das Kinder, mit ihr von Haus zu Haus, um den Bewohnern damit auf den Rücken zu klopfen. Das soll Glück bringen, Reichtum und Gesundheit.