Biden und Steinmeier versichern Kiew „kraftvolle Unterstützung“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich nach seinem Besuch im Weißen Haus am Freitagnachmittag zwar besorgt über die derzeitige Lähmung im amerikanischen Kongress geäußert, sich aber gleichwohl zuversichtlich gezeigt, dass Washington weiter Militärhilfe für die Ukraine leisten werde. Präsident Joe Biden habe ihm gegenüber hervorgehoben, auf Amerika sei Verlass. Beide hätten die Bedeutung der „kraftvollen Unterstützung“ Kiews hervorgehoben. „Wir werden die Ukraine in ihrem Kampf für ihr Land, für ihre Freiheit und Demokratie weiter unterstützen“, sagte er. Dieses Signal heute zu senden, sei beiden wichtig gewesen.

Majid Sattar

Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Biden hatte nach dem Sturz Kevin McCarthys, des republikanischen Sprechers des Repräsentantenhauses, die Abgeordneten aufgerufen, rasch einen Nachfolger zu wählen. Die Bundesverwaltung wird derzeit nur über einen Überhaushalt finanziert, der Mitte November ausläuft. Dieser enthält keine neuen Mittel für die Ukraine. Über den regulären Haushalt und die Militärhilfe für Kiew soll verhandelt werden, sobald der Kongress wieder handlungsfähig ist.

Der Bundespräsident sagte weiter, in dem Gespräch mit Biden sei es nicht um die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an Kiew gegangen. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte erst kürzlich entschieden, vorerst keine Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen. Steinmeier sagte, Biden habe keine Erwartungen an Deutschland gerichtet.

Überraschender Besuch

Der Bundespräsident bestätigte, dass er auch mit CIA-Direktor William Burns im Hauptquartier des Auslandsgeheimdienstes in Langley zusammengetroffen sei. Über die Unterredung mit Burns sagte Steinmeier lediglich, dass man auch über aktuelle Konflikte und geopolitische Veränderungen gesprochen habe. Die Reise nach Washington kam überraschend, denn am Donnerstag hielt sich Steinmeier noch in Kap Verde auf, wo er gerade einen zweitägigen Staatsbesuch absolviert hatte. Von dort wollte er eigentlich nach Portugal weiterfliegen, um in Porto an einem Treffen nicht-exekutiver Staatspräsidenten der Europäischen Union teilzunehmen. Nun aber kam ihm eine Einladung Bidens dazwischen. Es ist das erste Treffen der beiden als Staatsoberhäupter, die sich freilich aus früheren Zeiten gut kennen – nämlich als Steinmeier noch Außenminister und Biden zunächst Senator und dann Vizepräsident war.

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Steinmeier lobt deutsch-amerikanische Freundschaft

Als offiziellen Anlass für den Besuch nannte das Weiße Haus den Tag der deutsch-amerikanischen Freundschaft. In den Vereinigten wird am 6. Oktober der German-American-Day gefeiert. Er erinnert an die Ankunft erster deutscher Siedler in Pennsylvania im Jahr 1683. In der Terminübersicht des Präsidenten war für Freitag salopp davon die Rede, dass Steinmeier am Nachmittag kurz im Weißen Haus „vorbeischauen“ werde.

Steinmeier hob hervor, die deutsch-amerikanische Freundschaft sei stark und tief. Berlin und Washington seien Freunde, Partner und Verbündete. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, beide Seiten bauten auf die gemeinsame Geschichte und die gemeinsamen Werte und arbeiten zusammen als Verbündete in der NATO. Weiter hieß es: „Unsere Partnerschaft ist unverzichtbar für unser Streben, globale Herausforderungen anzugehen: von Klimawandel und Ernährungssicherheit bis zur Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten. Unser Bündnis ist von zentraler Bedeutung in unserem fortwährenden Einsatz für die Unterstützung der Ukrainerinnen und Ukrainer und ihrer tapferen Verteidigung ihres Landes, ihrer Freiheit und ihrer Zukunft.“

Steinmeier war als Bundespräsident schon mehrmals in den Vereinigten Staaten, hatte aber in der Amtszeit Donald Trumps Washington gemieden. Als Außenminister hatte Steinmeier Trump einen „Hassprediger“ genannt, offenbar in der Erwartung, dass Hillary Clinton die Wahl gewinnen werde und die Bemerkung keine politischen Konsequenzen nach sich ziehen werde. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel vermied hingegen Kraftausdrücke, auch weil sie verhindern wollte, dass Trump Deutschland noch mehr ins Visier nimmt, etwa durch die Verhängung von Autozöllen. So war es auch im Sinne des Kanzleramts, dass Steinmeier seinerzeit einen Bogen um Washington machte.

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