Wie Hugh Grant einst unsere Autorin brüskierte

Mein erstes und letztes Treffen mit Hugh Grant ist schon 21 Jahre her. Ich spreche nicht gerne darüber. Seit jenem Nachmittag leide ich unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, sobald ich wieder mal einen Hollywoodstar interviewen muss. Die Symptome sind immer gleich: Ich bin nervös, habe schweißnasse Hände und Angst zu versagen. Doch seit ich mir das Video von der Oscar-Verleihung am Sonntag angeschaut habe, in dem ein maulfauler Hugh Grant die Fragen von Ashley Graham einsilbig beantwortet, traue ich mich, über mein Erlebnis öffentlich zu sprechen. Denn seitdem weiß ich: Ich bin nicht allein! Es gibt weitere Opfer auf dieser Welt, die der nette Herr Grant nonchalant gegen die Wand fahren lässt.

Anne Schipp

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Mein Trauma fand im August 2002 hinter verschlossenen Türen statt. Grant hatte gerade eine Reihe erfolgreicher Romantik-Filme gedreht und galt in Hollywood als Mädchenschwarm. Ich hatte mich gut vorbereitet und erwartete einen schlagfertigen, charmanten Gesprächspartner, so wie er in eben seinen Rollen auftrat. „Sie haben 30 Minuten“, sagte die PR-Frau, als sie mich in die Suite im Adlon mit Blick aufs Brandenburger Tor ließ.

Grant stand an einem kleinen Servierwagen und goss sich Tee ein. Er lächelte kurz, aber die Fassade wich schnell einem leicht genervten Gesichtsausdruck. Er hatte vermutlich schon etliche Interviews an diesem Tag hinter sich. Pech, dass ich erst um 17 Uhr dran war. Ich wurde nervös, aber startete tapfer mit der ersten Frage. Zunächst lief es ganz gut. Er beantwortete pflichtbewusst einige Fragen zum Film „About A Boy“, aber wirkte zunehmend wie ein Kellner, der die Stühle schon auf die Tische gestellt hat und wartet, dass die letzten Gäste endlich gehen.

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Bei Frage vier oder fünf, so genau kann ich das nicht mehr rekapitulieren, wurde es ungemütlich. Ich fragte ihn, ob er in Filmen wie „Notting Hill“ nicht auch immer den Klischee-Engländer spiele. Grant schaute mich an, als hätte ich ihm den Tee aus der Silberkanne vor ihm über das damals noch nicht ergraute Haar geschüttet. Von da an antwortet er in Zweiwortsätzen: „Kann sein“, „keine Ahnung“, „kein Kommentar“. Nach 20 Minuten hatte ich meine Fragen abgearbeitet und war verzweifelt. Grant schaute aus dem Fenster. Stille. Schließlich stammelte ich: „Vielen Dank für das Gespräch“ und stand auf. Ich erinnere mich noch daran, dass er mich verwundert ansah, weil es vermutlich selten vorkommt, dass ein Journalist vor dem PR-Kommando „Letzte Frage bitte!“ einfach geht. Ich stolperte in den Aufzug, sprang in den Bus, setzte mich im oberen Stock ganz hinten in die Ecke – und heulte. Ich hatte es versemmelt!

Es sollte noch zwei Jahrzehnte dauern, bis ich dank Ashley Graham erkannte: Mich traf damals keine Schuld! Hugh Grant ist einfach ein Stinkstiefel, weiß nicht, wie man sich professionell verhält, und hat es offenbar nicht nötig, seine Filme zu verkaufen. Das Gute an dieser Erkenntnis ist: Mein Trauma ist geheilt!

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