Die Region Perigord
Einst war das Périgord eine französische Grafschaft. 1790 wurde das damalige Département Périgord dann nach seinem größten Fluss in Dordogne umbenannt. Doch der historische Name Périgord blieb erhalten für die kontrastreiche Landschaft zwischen den Ausläufern des Zentralmassivs und den Weinbergen bei Bergerac.
Inzwischen sind sogar vier Feriengebiete in der Region nach der alten Grafschaft benannt: Périgord Vert („Grün“ für die bewachsenen Flusstäler und den regionalen Naturpark Périgord Limousin); Périgord Pourpre („Violett“ symbolisiert die Weinberge voller dunkler Trauben), Périgord Noir (der schwarzen Trüffeln wegen) und Périgord Blanc (dort dominiert weißer Kalkstein). So sehr die Landschaft auch variiert – die Küche ist überall in der Region hervorragend.
Und da sich das Périgord nach Paris der größten Dichte historischer Denkmäler rühmt, gibt es auch viel zu entdecken. Etwa paläolithische Stätten im Vézère-Tal, von denen 15 zum Unesco-Erbe zählen, oder die Städte Sarlat, Périgueux und Bergerac, alle drei zertifiziert als Stadt der Kunst und Geschichte (Stadt der Kunst und Geschichte).
Obwohl dünn besiedelt, ist die touristische Infrastruktur gut: An den Flüssen gibt es Bootsvermietungen, dazu ein dichtes Radwege- und Wandernetz (beschildert und nach Schwierigkeitsgrad ausgewiesen) und so viele Reiterhöfe, dass Wanderreiter jeden Abend eine Unterkunft finden. Passend zu den regionalen Spezialitäten, zu denen neben Foie Gras (Gänsestopfleber) und Trüffeln auch Walnüsse und Weine zählen, können Reisende kulinarischen Themenwegen folgen – der Route de Noix (Nussstraße) und der Weinstraße Route des Vins de Bergerac.
Uralte Höhlenmalereien
Er ist einer der prächtigsten Funde prähistorischer Kunst und Unesco-Welterbe: der Höhlenkomplex von Lascaux, in dem sich rund 2000 Wildpferde, Wisente, Auerochsen und weitere Tiere drängen, teils als lebensgroße Felsmalereien, teils als Ritzzeichnungen. Bald nach ihrer Entdeckung 1940 bekam die Grotte den Beinamen Sixtinische Kapelle der Steinzeit.
Schon 1963 musste sie für Besucher geschlossen werden: der Ansturm gefährdete die Werke. Doch im Centre International de l’Art Pariétal gibt es eine beeindruckende Kopie der Höhle. 30 Restauratoren brauchten drei Jahre, um die mit Gelb, Ocker, Rot und Schwarz gemalten Tiere nachzuzeichnen.
Zuvor wurden Höhlenwände eingescannt und exakt nachgebildet. Das war wichtig, denn die Höhlenmaler vor etwa 20.000 Jahren nutzten geschickt Unregelmäßigkeiten im Felsen, um ihren Werken einen 3-D-Effekt zu verleihen.
Ein Hauch von Venedig
Wie ein Strahlenkranz verbinden fünf Steinbrücken Brantome über die Dronne hinweg mit dem anderen Ufer, der Ort ist von Seitenarmen des Flusses umschlossen, kreisrund ist die Altstadt-Insel. Weiße Kalksteinhäuser im mittelalterlichen und Renaissancestil schimmern in der Sonne.
Viele beherbergen Bars, die regionale Weine kredenzen – Bergerac, Saussignac, Perchamant. Oder Restaurants, die ganzjährig mit Trüffeln verfeinerte Pasteten und Soßen anbieten: Die Stadt ist ein Zentrum der Trüffelzüchterder Trüffelsucher.
Und wenn der sprichwörtliche Gott in Frankreich nach dem Essen etwas Kontemplation sucht – gleich am Ufer gegenüber schmiegt sich die 1200 Jahre alte Abtei Saint-Pierre an eine ausgehöhlte Steilwand. Benediktiner schufen hier einst Wohngrotten. In dieser steinernen Szenerie setzen Fliederbüsche mit schöner Regelmäßigkeit Farbkleckse; „Sommerlila“ sagen die Einheimischen dazu.
Poetisch ist auch Brantômes Beiname „Venedig des Périgord“; er zielt auf den von Kanälen durchzogenen Stadtkern ab, aber auch auf Dronne und Côle, die in Brantôme zusammenfließen. Die Stadt ist deshalb perfekter Startpunkt für Wasserwanderer, ob per Kanu, Kajak oder E-Boot.
Picknicks ganz in Weiß
Sie sind ein Synonym für Eleganz, Geselligkeit und Lebensfreude – die Weiße Picknicks in den Gärten des Herrenhauses Eyrignac im Périgord Noir. Zwischen weißen Rosen, Hortensien und Hibiskus lustwandeln, auf weißen Decken picknicken und unter weißen Lampions in den Sonnenuntergang tanzen: All das können auch Touristen.
Denn die Besitzer von Eyrignac öffneten 1987 ihre Gärten für die Öffentlichkeit, und vor 15 Jahren begannen sie, weiße Picknicks zu veranstalten. Einlass dazu erhält, wer rechtzeitig reserviert und den Dresscode (komplett weiß) akzeptiert – als Tribut an den Jardin Blanc, den Weißen Garten.
Er ist ein Highlight des Anwesens, das in die Liste der historischen Denkmäler des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts aufgenommen wurde und auch für seine 300 Pflanzenskulpturen bekannt ist. Besucher können Ars Topiaria erlernen, die Kunst, Pflanzen wie Eiben oder Buchsbäume durch gekonnten Schnitt Tier- oder geometrische Formen zu geben.
Die Workshops werden ganzjährig angeboten, während die Weiße Picknicks im Juli und August stattfinden. Dann sprudeln auch alle Wasserspiele im Garten, in den Gläsern perlt Champagner und über allem wabert ein Klangteppich, den DJs mit ihren coolen Sounds liefern.
Land der Schlösser und Burgen
Sehr viele Schlösser, Burgen und Herrenhäuser stehen im Périgord, das erklärt den populären Beinamen Land der 1001 Schlösser. Je nachdem, welche ehemaligen Adelssitze mitgezählt werden, sind es wesentlich mehr. Der Historiker Jean Secret schrieb beispielsweise von 1500 Schlössern, Burgen und Herrenhäusern im Périgord – das übertrifft sogar die Zahl der Schlösser an der Loire.
Hauptgrund für die vielen befestigten Bauten im Périgord ist die konfliktreiche Geschichte der Region, etwa der Kampf Frankreichs gegen England im Hundertjährigen Krieg.
Spektakulär sind die mittelalterliche Burg Beynac, das Château des Milandes (mit einer Ausstellung zu US-Star Josephine Baker, die es einst erwarb) und Château de Fénelon (Kulisse für den Aschenputtel-Film „Auf immer und ewig“).
Das Zitat
„Paradies der Franzosen“
Mit diesen Worten setzte Henry Miller dem Périgord ein literarisches Denkmal. Der amerikanische Schriftsteller bereiste 1940 das Dordogne-Tal; die Ausblicke auf den von Kalkfelsen und Wäldern gerahmten Fluss erfüllten ihn mit „einem unvorstellbaren Gefühl der Dankbarkeit“.
Per Boot erkundet hat Miller die Dordogne nicht, im Sommer führt der Fluss Niedrigwasser. Für den Warentransport nutzten die Binnenschiffer im 18. Jahrhundert deshalb Boote mit flachem Boden, Lastkahn genannt. Als Touristenkähne erleben sie inzwischen eine Renaissance, etwa auf dem Flussabschnitt zwischen Château de Castelnaud-la-Chapelle und Domme.
Dieses Städtchen besuchte auch Miller – und genoss den Ausblick „auf den schwarzen, geheimnisvollen Fluss“. Es sei etwas, „für das man sein Leben lang dankbar sein muss“, schrieb er später.
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