Was China mit mit seinem 12-Punkte-Plan für die Ukraine bezweckt

China meldet sich am Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine mit der Forderung nach einem Waffenstillstand zu Wort. In einem 12-Punkte-Papier fordert Peking außerdem den Beginn von Friedensverhandlungen. Welche Rolle China selbst in einem solchen Prozess spielen könnte, steht nicht in dem Papier. Seit der Münchner Sicherheitskonferenz vergangene Woche war über einen chinesischen „Friedensplan“ spekuliert worden. Nach Angaben der italienischen Regierung hatte Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi sogar eine „Friedensrede“ von Staats- und Parteichef Xi Jinping angekündigt. Davon ist am Freitag in Peking keine Rede. Stattdessen veröffentlicht das Außenministerium lediglich auf seiner Website ein Papier, das wenig mehr als Chinas bekannte Positionen und Allgemeinplätze enthält. Sätze wie: „Für komplexe Probleme gibt es keine einfachen Lösungen.“

Friederike Böge

Politische Korrespondentin für China, Nordkorea und die Mongolei.

Aus russischer Sicht dürfte das Papier willkommen sein. Es enthält nicht viel, das sich selbst zwischen den Zeilen als Verurteilung der russischen Aggression lesen ließe. Zwar fordert China den „Verzicht auf Angriffe auf Zivilisten und zivile Einrichtungen“, erwähnt aber nicht, dass es ukrainische Zivilisten sind, die von russischen Soldaten angegriffen werden. Peking bekennt sich zum Schutz der territorialen Integrität aller Staaten und lehnt den Einsatz von Atomwaffen oder eine Drohung damit ab, ohne zu erwähnen, dass Russland die Souveränität der Ukraine verletzt und mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht hat. Das sei „ein wenig sonderbar“ und „beunruhigend“, kommentierte der Botschafter der Europäischen Union in China, Jorge Toledo, diese Leerstelle am Freitag auf einer Pressekonferenz. Stattdessen enthält das Dokument die bekannten chinesischen Sprechpunkte, denen zufolge der Krieg angeblich von Amerika verursacht worden sei und am Laufen gehalten werde.

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China sei bereit, „weiterhin eine konstruktive Rolle dabei zu spielen“, „eine Plattform für die Wiederaufnahme von Verhandlungen“ bereitzustellen, heißt es in dem Papier weiter. Das „Wall Street Journal“ hat unter Berufung auf Pekinger Quellen berichtet, dass Xi Jinping mit dem Vorschlag von Mehrparteiengesprächen im Frühjahr zu Wladimir Putin nach Moskau reisen wolle. Das könnte dazu dienen, die Kritik im Westen an dem Besuch zu dämpfen. Sollte Putin sich dafür offen zeigen, während die Ukraine den Vorschlag als unaufrichtig ablehnt, wäre das aus Chinas Sicht schon ein Gewinn. Bei kriegsmüden Europäern, im globalen Süden und im eigenen Land würde es als Unterstützer des Friedens dastehen.

Produziert Peking Kamikaze-Drohnen für Moskau?

Mit der Aussage, es wolle „weiterhin“ eine konstruktive Rolle spielen, schreibt Peking zugleich die Mär fort, der zufolge Xi Jinping sich in der Vergangenheit bereits erfolgreich für Gespräche zwischen Russland und der Ukraine eingesetzt habe, die aber von „manchen Leuten“ gestoppt worden seien. So hatte Wang Yi es vergangene Woche in München behauptet. Er sprach von Leuten, denen „das Leben und Sterben der Ukrainer und der Schaden, den Europa erleidet, egal sind“. Gemeint sind die Vereinigten Staaten.

Auch Peking ist bewusst, dass ein Waffenstillstand und Friedensverhandlungen für die Ukraine indiskutabel sind, solange Russland sich nicht aus den besetzten Gebieten zurückzieht. Das wirft die Frage auf, was die chinesische Führung mit ihrem Vorstoß bezweckt. Das Papier setzt den vorläufigen Schlusspunkt einer diplomatischen Offensive, die Chinas obersten Außenpolitiker Wang Yi in den vergangenen Tagen nach Frankreich, Italien, Ungarn, zur Münchner Sicherheitskonferenz und schließlich nach Russland gebracht hatte. Sein Besuch in Moskau kurz vor dem Jahrestag der Invasion erhielt damit den Anstrich einer vermeintlichen Pendeldiplomatie. Allerdings reiste Wang Yi nicht nach Kiew, sondern traf den ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba nur in München. Die Geschäftsträgerin der ukrainischen Botschaft in Peking, Zhanna Leschynska, sagte am Freitag auf einer Pressekonferenz in der Vertretung der Europäischen Union, man richte „die ganze Zeit über“ Anfragen an Peking für ein Gespräch von Xi Jinping mit Präsident Wolodymyr Selenskyj. Bisher vergeblich.

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