Verbotene Weichmacher: Umweltbundesamt bestätigt den Fund

Das Umweltbundesamt (Uba) hat im Urin von Erwachsenen in ganz Deutschland Hinweise auf einen gefährlichen Weichmacher entdeckt, der nicht mehr zugelassen ist. In der laufenden 6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit (GerES 6) zeigten die Analysen bisher in 37 Prozent der Proben das Stoffwechselprodukt MnHexP, berichtete Uba-Toxikologin Marike Kolossa. Das ist ein Abbauprodukt des Weichmachers Di-n-hexyl-Phthalat (DnHexP). „Der Stoff dürfte nicht auf dem Markt sein“, sagte Kolossa. Sie rechnet mit einem Problem größeren Ausmaßes. „So einen Stoff dürfte man nicht im Körper finden, und wir finden ihn.“

Der fortpflanzungsschädigende Stoff ist im letzten Jahr erstmals in Proben entdeckt worden. Aus welchen Produkten die verbotene Substanz stammt, ist unbekannt. Nach Angaben des Uba wurde das MnHexP auch in Proben in Dänemark gefunden. Zudem hat das Uba beobachtet, das Proben, die es im Sommer genommen hat, höher belastet sind als solche aus anderen Jahreszeiten. Daher prüft die Behörde, ob Sonnenschutzmittel die Quelle für den verbotenen Weichmacher sein könnten. Weichmacher finden sich in Plastiktuben oder -flaschen von Sonnencremes, und mit der Zeit können die Stoffe aus der Verpackung auf die Cremes oder Lotionen darin übergehen.

Das Umweltbundesamt lässt nun ältere Proben aus seiner Umweltprobenbank analysieren, um herauszufinden, wie weit die Belastungen zurückgehen. Zudem arbeitet es mit EU-Behörden zusammen, um die Quelle ausfindig zu machen. Kolossa nannte die Suche „eine Detektivgeschichte“. Seit dem Jahr 2019 steht eine Analysenmethode für zur Verfügung, mit der die Toxikologen auch nicht zugelassene Stoffe nachweisen können.

Der Metabolit MnHexP sei nach Ergebnissen von Tierversuchen ein fortpflanzungsschädigend, sagte Kolossa. Er wirke vor allem auf die Fortpflanzungsorgane männlicher Föten im Mutterleib. Er könne aber auch für Erwachsene schädlich sein und das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen, wie Tierversuche nahelegen. In einzelnen Menschen seien Konzentrationen entdeckt worden, „die so hoch sind, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen ist“. Zudem addieren sich die Wirkungen anderer Phthalate, mit denen Menschen ebenfalls belastet sind.

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Besorgniserregende Substanzen in Kunststoff

Die Nutzung des Weichmachers DnHexP ist in der Europäischen Union seit dem Jahr 2013 stark eingeschränkt: Es steht auf der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe. Als Weichmacher ist dieses Phthalat in kosmetischen Mitteln, Lebensmittelkontaktmaterialien und in Spielzeug deshalb nicht erlaubt, seit Februar 2023 darf der Stoff in der EU überhaupt nicht mehr genutzt werden.

Unter bestimmten Umständen könne die Substanz dennoch in der EU auftreten, etwa in Importerzeugnissen, sagte Chemikalienexperte Lars Tietjen vom Uba. Er könne möglicherweise auch in alten in der EU produzierten Produkten erhalten sein. „Hinweise auf größere verarbeitete Mengen liegen mir nicht vor, aber ausschließen kann man es nicht.”

Kürzlich waren Ergebnisse einer Untersuchung zu Proben in Nordrhein-Westfalen bekannt geworden. Experten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) hatten rückwirkend alte Urinproben von Kindergartenkindern untersucht. Ergebnis: Im Untersuchungszeitraum erhöhte sich der Anteil der mit MnHeP belasteten Proben von 26 Prozent in den Jahren 2017 und 2018 auf 61 Prozent in den Jahren 2020 und 21. Die Konzentration bei hochbelasteten Kindern hat sich nach Angeben des Untersuchungsamts etwa verzehnfacht. Die Ursache dafür sei unklar.

Die Ergebnisse hingen nicht mit den Wohnorten der Kinder zusammen, sagte eine Lanuv-Sprecherin. Deutlich erhöhte Werte gebe es im ganzen Bundesland. Nun beschäftigt sich der Landtag in Nordrhein-Westfalen mit dem Thema. Die SPD-Fraktion hat einen schriftlichen Bericht der Landesregierung für den kommenden Gesundheitsausschuss angefordert. Die SPD fragt in ihrem Berichtsantrag laut dpa auch, welche Maßnahmen die nordrhein-westfälische Landesregierung treffe, um die Ausbreitung der Chemikalie bei Kindern zu verhindern und welche Experten zurate gezogen würden.

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