Mit dem Zug durch Vietnam: Eine Reise im Luxus-Waggon „The Vietage“

Regelmäßig morgens um kurz vor 8 Uhr steht die alte Frau auf dem Bahnsteig von Da Nang und breitet die Arme aus – so als wolle sie die ihr entgegenkommenden Passagiere am Einsteigen hindern. An beiden Händen der Vietnamesin baumeln Plastiktüten mit Proviant. Den will sie verkaufen, da ist es hilfreich, die Fahrgäste aufzuhalten und ihnen lächelnd die hausgemachten Snacks hinzuhalten. Bei einigen hat sie mit der Masche Erfolg.

Der Zug fährt Richtung Süden. Er ist unterwegs auf einer Etappe des sogenannten Reunification Express – so nennen die Vietnamesen die 1726 Kilometer lange, eingleisige Meterspur-Strecke, die die Hauptstadt Hanoi mit Ho-Chi-Minh-Stadt verbindet, früher Saigon, Kapitale von Südvietnam. Nach Ende des Vietnamkriegs wurde der durchgehende Zugverkehr zwischen den beiden Metropolen 1976 wieder aufgenommen. Wer die gesamte Strecke fährt und unterwegs nicht aussteigt, ist mindestens 32 Stunden unterwegs.

Tickets sind in vier Klassen verfügbar: vom „Soft Sleeper“ (einem altmodischen Liegewagen mit Vier-Bett-Abteil) bis zum „Hard Seat“ (auf ungepolsterten Sitzbänken im Großraumabteil). Es rollt auch ein rudimentärer Speisewagen im Wiedervereinigungs-Express mit.

Quelle: Infografik WELT

Der Zug ist eine gute Möglichkeit, Land und Leute kennenzulernen. Komfort wird allerdings selbst in der höchsten Ticketkategorie nicht geboten: Nur ein Teil der Liegewagen ist klimatisiert, und die Plumpsklos am Waggonende muss man sich mit den Mitreisenden teilen. Die Staatsbahn Vietnam Railways umschreibt das auf ihrer Homepage so: „Es ist nicht der Orient-Express.“

Doch es gibt die Option, auf der Reunification-Route zumindest eine Teilstrecke auf Orient-Express-Niveau zu absolvieren. „The Vietage“ heißt das Angebot. Dabei handelt es sich um einen separat buchbaren Luxuswaggon, der an einen regulären staatlichen Zug angekoppelt wird. Jeden Morgen fährt er in Da Nang ab und kommt gut sechs Stunden später im Küstenort Dieu Tri an, von wo es abends in umgekehrte Richtung zurückgeht.

Nobles Interieur: Der Luxuswaggon ist im nostalgischen Indochina-Stil gehalten

Nobles Interieur: Der Luxuswaggon ist im nostalgischen Indochina-Stil gehalten

Quelle: The Vietage

Der Name ist eine Kombination aus „Vietnam“ und „Heritage“. Das passt perfekt: Von außen sieht der weiße Waggon mit roten und blauen Streifen aus wie die anderen Staatsbahnwagen des Zugs, innen bietet er nobles Interieur im nostalgischen Indochina-Stil mit viel Holz und Rattan. Wer genau hinsieht, erkennt natürlich, dass der Wagen neu lackiert und mit dem güldenen Schriftzug „The Vietage – Luxury Railway Carriage“ versehen ist.

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Das elegante Personal trotzt den Schwankungen

Beim Einstieg steht das Personal an der Tür parat. Makellos die Uniform: blütenweißes Hemd, beige Weste, passende Krawatte bei den Männern, hellgraue Eleganz bei den Frauen. Dazu ein bezauberndes Lächeln, das selbstbewusst wirkt. Das Gepäck wird den Gästen abgenommen und verstaut, dann wird man zum reservierten Sitz geführt.

Luxuszug „The Vietage“ in Vietnam: Beim weiblichen Zugpersonal ist hellgraue Eleganz angesagt

Makellos: Beim weiblichen Zugpersonal ist hellgraue Eleganz angesagt

Quelle: Anantara Resorts

Insgesamt bietet der Waggon zwölf Plätze in insgesamt sechs Kabinen mit jeweils zwei bequemen, gegenüberliegenden Polstersitzen, die sich zu einem Bett ausklappen lassen. Handtuch und samtige Latschen liegen in einem Körbchen darunter. Wer sich abschotten will, kann den weißen Vorhang zwischen fein geflochtenen Rattanwänden zuziehen.

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Im hinteren Teil des Waggons: eine einladende Bar, eine moderne Toilette samt großem Waschbecken und eine kleine Küche. Dort wird ein dreigängiges Lunch-Menü frisch zubereitet und auf stilvollem Geschirr am Platz serviert. Der Meeresfrüchtesalat mit Papaya, der sanft gegarte Nacken vom Wagyu-Rind und die Passionsfruchtcreme sind exzellent; dazu gibt es ohne Aufpreis Sekt, Wein, Bier, Tee, Kaffee und Cocktails. Champagner, Kaviar und Käseplatte können obendrein bestellt werden, kosten allerdings extra. Dieses Bordmenü kann locker mit einem Fünf-Sterne-Hotel mithalten.

Vietnam: Gourmetmenü mit Weinbegleitung im Luxuswaggon „The Vietage“

Vom Feinsten: Gourmetmenü mit Weinbegleitung

Quelle: The Vietage

Bewundernswert ist, wie es dem Personal im ständig ruckelnden, mal nach rechts und mal nach links ausschlagendem Waggon gelingt, die Balance zu halten. Viele Gäste machen auf der Fahrt begeistert Fotos und posten sie sogleich, was kein Problem ist, denn das WLAN im „Vietage“ ist zuverlässig und schnell.

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Das ländliche Vietnam zieht am Zug vorüber

Neben dem Essen ist das Landschaftskino der zweite Höhepunkt der Bahnfahrt. Zunächst zieht das Leben der modernen Millionenstadt am Zugfenster vorbei. Während des Vietnamkriegs entwickelte sich Da Nang zum Luftstützpunkt des US-Militärs und zur größten Marinebasis Südvietnams. Am 20 Kilometer langen China Beach machten damals amerikanische Soldaten Urlaub, heute zählt er mit seinem feinen, puderzuckerweißen Sand zu den schönsten Stränden ganz Vietnams.

Bar mit Aussicht: Der „Vietage“-Waggon am Zugende

Bar mit Aussicht: der „Vietage“-Waggon am Zugende

Quelle: Anantara Resorts

Stellenweise rumpelt der Zug am Strand vorbei, doch die meiste Zeit verläuft die Strecke abseits der Küste. Idyllische Szenen des ländlichen Vietnam reihen sich aneinander: Reisfelder, in denen Einheimische mit dem typischen Kegelhut neue Pflanzen setzen. Pralles Grün bis zum Horizont, wo sich mächtige Bergketten erheben. Hier und dort suhlen sich Wasserbüffel im Schlamm. Weiße Reiher stehen wie erstarrt an Flussufern.

Manchmal verläuft das Gleis so dicht an Häusern und Gehöften entlang, dass der Blick in den Wok einer Bäuerin fällt, die auf ihrer Terrasse gerade ihr Mittagessen brutzelt. Zeitgleich ploppt im Zugabteil der Korken: Kellner Vinh kredenzt formvollendet einen australischen Schaumwein.

Perfekter Service: ein Kellner an der Bar des Luxuswaggons „The Vietage“

Perfekter Service: ein Kellner an der Bar des Luxuswaggons „The Vietage“

Quelle: The Vietage

Den Luxuswagen entwickelt hat die asiatische Hotelkette Anantara. Vier Jahre haben die Verhandlungen mit den vietnamesischen Behörden und der Waggonbau gedauert. 2020 konnte der „The Vietage“ endlich aufs Gleis gebracht werden, musste wegen Corona allerdings gleich wieder pausieren. Seit 2022 fährt er wieder regelmäßig.

Er dient in erster Linie dazu, Hotelgästen eine komfortable Transfermöglichkeit zu bieten zwischen Da Nang (wo das „Anantara Hoi An Resort“ liegt) und Dieu Tri (mit den „Anantara Quy Nhon Villas“ ganz in der Nähe). Aber man muss kein Anantara-Gast sein, um mit dem „Vietage“ zu fahren, das Zugerlebnis steht jedem offen. Da es gefragt ist, besteht Reservierungspflicht.

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Nur wenige Touristen fahren weiter nach Ho-Chi-Minh-Stadt

Erstaunlich pünktlich läuft der Zug im Bahnhof von Dieu Tri ein, dessen Bahnsteig bewacht wird von einem ernst dreinblickenden Beamten in makelloser Uniform. So gut wie alle Westler steigen hier aus. Nur wenige nutzen die Gelegenheit und rumpeln mit dem Linienzug weiter nach Ho-Chi-Minh-Stadt, das die meisten Vietnamesen längst wieder Saigon nennen – so hieß die Metropole, bevor die Kommunisten sie nach dem Vietnamkrieg umbenannten.

Für die 630 Kilometer bis Saigon braucht der Zug laut Fahrplan noch 13 Stunden. Die Alternative wäre eine Fahrt auf der Nord-Süd-Schnellstraße, auf der voll beladene Lkw, schnittige SUVs und viele Busse unterwegs sind. Mit so einem Bus ist man schneller am Ziel, aber Passagieren droht auf der Strecke, angesichts der krassen Überholmanöver der Truckfahrer, regelmäßig Schnappatmung.

„Der Reunification Express ist deutlich entspannter als der Bus, um von Nord nach Süd durch Vietnam zu fahren, er erreicht ja gerade mal 50 km/h“, sagt ein Passagier im Bahnhof von Dieu Tri. Der Zugname sei allerdings irreführend: „Wiedervereinigung ja, Express nein.“

Tipps und Informationen:

Anreise: Vietnam Airlines bietet die einzigen Nonstopverbindungen von Frankfurt nach Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt an. Umsteigeverbindungen in die beiden vietnamesischen Metropolen gibt es ab mehreren deutschen Flughäfen zum Beispiel via Istanbul mit Turkish Airlines oder via Singapur mit Singapore Airlines.

Fahrten im Reunification Express: Fahrpläne und Ticketinformationen zum regulären Reunification Express, der zwischen Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt verkehrt (32–35 Stunden): vietnam-railway.com – hier können auch Tickets online gebucht werden, Sitzplatz ab 64 US-Dollar (umgerechnet 60 Euro), Liegewagen ab 86 Dollar (81 Euro). Auf dem Teilstück Da Nang–Dieu Tri ist der Luxuswaggon „TheVietage“ im Einsatz. Tickets ab 300 Dollar (281 Euro) inklusive Menü, Drinks und Schultermassage, thevietagetrain.com. „The Vietage“ kann auch im Rahmen eines Packages mit zwei Übernachtungen im „Anantara Hoi An Resort“ gebucht werden, ab 491 Euro (anantara.com).

Veranstalterreisen per Zug: Diamir Erlebnisreisen hat eine 13-tägige Tour quer durch Vietnam mit sechs unterschiedlichen Zug-Etappen inkl. Wiedervereinigungsexpress (ohne „The Vietage“) ab 2180 Euro im Programm, (diamir.de/vietnam/privatreise/viezug). Tischler Reisen bietet einen Reisebaustein mit vier Nächten in Anantara-Resorts und einer Zugfahrt mit dem „Vietage“ ab 1330 Euro (tischler-reisen.de).

Weitere Infos: Vietnamesische Tourismusbehörde: vietnam.travel

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Anantara Resorts und Turkish Airlines. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.com/de/werte/downloads.

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