Luxemburg: Unterwegs im Tal der Sieben Schlösser

Es ist einer dieser Herbsttage, an denen der Himmel so tiefblau ist, als wäre er gemalt. Kein Dunst, kaum ein Wölkchen – und eine geradlinige Ansage: „Das ist Ihr Zimmer!“ Sagt die Burgherrin, die ganz und gar nicht wie eine Burgherrin aussieht: In Gummistiefeln begrüßte sie schon vom Feld aus die Gäste, die über die Zufahrt, einen einfachen Schotterweg, zur Burg hochfuhren. Ihre Jeans ist verschmutzt, die Bluse hat schon bessere Tage gesehen.

Virginie Noulets Eltern haben ihr 2022 die von dichtem Wald umgebene Burg Ansembourg gekauft: Ein Zuhause, in dem sie ihren Lebensentwurf verwirklichen kann. Die Wehrburg aus dem 12. Jahrhundert steht majestätisch auf einem Felsen, 80 Meter über dem Flusstal der Eisch. Die 45-Jährige ist das, was man eine Aussteigerin nennt: Den Job als Logistik-Expertin hat sie hingeschmissen. Mit ihrer Lebenspartnerin und drei Kindern lebt sie weitgehend autark auf dem Anwesen. Die drei Mädchen werden im Homeschooling unterrichtet, die Öko-Landwirtschaft liefert das Essen, sechs Zimmer werden vermietet.

Die Bed-&-Breakfast-Unterkünfte sind mit modernen Annehmlichkeiten ausgestattet, aber eher schlicht eingerichtet; mittelalterlich ist die Burg nur außen, nicht in den Gästezimmern. „Die Burg ist meine Heimat“, sagt Noulet und deutet auf die Brücke zum Haupttrakt: „Nach der Brücke ist alles privat“ – dort wohnt sie mit ihrer Familie in weiteren zehn Zimmern auf 800 Quadratmetern.

Quelle: Infografik WELT

Burg Ansembourg gehört zum Tal der Sieben Schlösser in der Region Guttland, die die höchste Dichte an mittelalterlichen Bauten in Luxemburg aufweist. Victor Hugo beschrieb es als „vallée mystérieuse“, als geheimnisvolles Tal. Zwischen den Ortschaften Mersch und Koerich thronen die sieben Schlösser zwischen Wiesen und Wäldern, stets in disponierter Lage.

Neben Burg und Schloss Ansembourg, ungefähr in der Mitte der Strecke, sind dies Hollenfels, Schoenfels, Mersch, Koerich und Septfontaines. Besucher folgen einfach den Hinweisschildern „Vallée des 7 Châteaux“. Der Sieben-Schlösser-Wanderweg ist ebenfalls ausgeschildert, aber etwas länger, weil er sich den Windungen des Flusslaufs der Eisch anpasst.

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Ansembourg ist der einzige Ort im Tal mit Burg und Schloss

Fast alle Schlösser und Burgen können ganzjährig und kostenfrei besucht werden. Aufgrund der Eigentumsverhältnisse gilt das für Burg und Schloss Ansembourg sowie Schloss Mersch jedoch nur teilweise. Schloss Septfontaines darf nicht betreten werden, man sieht es nur von Weitem. Wer mag, kann auf der Tour sogar in mittelalterlichen Mauern übernachten – das geht in der eingangs erwähnten Ansembourg sowie auf Burg Hollenfels, wo Familien mit Kindern und Jugendliche bis 25 Jahre unterkommen können, allerdings nur in Mehrbettzimmern mit Stockbetten.

Graf Gaston-Gaetan von Ansembourg war noch bis 2022 im Besitz von Burg Ansembourg. Mit dem Verkauf war nach acht Jahrhunderten Schluss mit Adel und Männerherrschaft, das Matriarchat hielt Einzug. „Wir leben nach ökologischen und schamanischen Grundsätzen“, sagt Virginie Noulet, „Ohne Männer. Ohne Stress. Ohne Burn-out.“ Ihrer Philosophie muss man nicht folgen, ein Ort zum Entspannen und Kraft tanken ist das Anwesen trotzdem.

Luxemburg: Schloss Ansembourg gehört seit 1986 der Sukyo Mahikari-Sekte aus Japan

Schloss Ansembourg gehört seit 1986 der Sekte Sukyo Mahikari aus Japan

Quelle: Jochen Müssig

Ansembourg ist der einzige Ort im Tal mit Burg und Schloss. Ein Eisenhüttenfabrikant, reich geworden durch Eisenerz, baute zunächst Schmiede und Gießerei, die heute noch zu sehen sind, und schließlich oberhalb davon 1639 das Schloss (es liegt nur wenige Hundert Meter von Noulets Burg entfernt). Nach mehreren Besitzerwechseln gehört es seit 1986 der Sekte Sukyo Mahikari aus Japan. Ihre Mitglieder sind im Ort praktisch nie zu sehen. Das Innere des Schlosses ist abgeschottet, doch der Staat – zwischenzeitlicher Besitzer – hat sich beim Verkauf ausbedungen, dass Schlosshof und Gärten zugänglich bleiben.

Und so tritt man durch das prächtige Eingangstor, passiert das verwitterte, verwunschen wirkende Schloss, um zum Highlight, dem terrassenförmig angelegten und gepflegten Schlosspark, zu kommen. Geometrisch geformte Hecken, symmetrische Rasenflächen, Springbrunnen, Spiegelteiche, die den Himmel reflektieren, und antike Steinfiguren machen aus Ansembourg eine Art Klein-Versailles.

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Balmoral Castle, Residenz der britischen Königsfamilie seit 1852, Royal Deeside, Aberdeenshire, Schottland, Vereinigtes Königreich.  (Foto von: Universal Images Group über Getty Images)

Besonders die Mythologische Allee, flankiert von Figuren aus der griechischen und römischen Antike, darunter Hermes und Herkules, Venus und Diana, sowie Sphinxe mit europäischen Gesichtern, machen den Garten ausgesprochen herrschaftlich. Plötzlich geht oben im Schloss ein Fenster auf. „Hallo!“, ruft der Besucher spontan und freundlich, doch nur einen Augenblick später ist es mit lautem Rumms wieder geschlossen, ein Kontakt scheint nicht erwünscht.

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Eines der Anwesen kann man kaufen

Von Ansembourg nach Burg Hollenfels ist es nur ein Katzensprung. Dort geht es zu wie auf einem Schulhof in der Pause: Stimmengewirr in allen Höhenlagen und lautes Kinderlachen. „8000 Jugendliche sind bei uns jedes Jahr zu Gast, um im historischen Rahmen den Blick für die Zukunft zu schärfen“, sagt Eric Schweicher, Burgherr und Verwalter. Die deutlich jüngeren Anbauten der uralten Burg dienen nämlich als Jugendherberge und Jugendzentrum für Umwelterziehung. Im Rittersaal des Burgfrieds werden Seminare abgehalten, mit Ritterrüstungen in den Erkern als eindrucksvolle historische Kulisse.

Hollenfels ist ein mächtiger steinerner Zeuge des Mittelalters: Die Burg liegt auf einem 315 Meter hohen Bergrücken, ist von drei Seiten nicht einnehmbar und an der vierten Seite mit einer Zugbrücke gesichert. Erhalten sind der 39 Meter hohe Bergfried aus dem 14. Jahrhundert, ein Eckturm, ein Stück vom Hauptwall und der Burggraben. Das Geschlecht der Hollenfelser ist allerdings längst ausgestorben.

Luxemburg: In Schloss Schoenfels, 1292 errichtet, befindet sich heute ein kleines Museum

In Schloss Schoenfels, 1292 errichtet, befindet sich heute ein kleines Museum

Quelle: Jochen Müssig

Verglichen mit Hollenfels zeigt sich Schloss Schoenfels geradezu filigran und stilvoll mit Treppenzinnen und Erkertürmchen, obgleich Friedrich von Schoenfels die Anlage 1292, schon vor Erfindung der Artillerie, als Wehrburg erbaute. Ein kleines Museum ist ganzjährig geöffnet.

Ein Schlossmuseum gibt es auch in Mersch, wo das Schloss aus dem 13. Jahrhundert mitten im Ortszentrum liegt. Es ist in der ehemaligen Schlosskapelle untergebracht. Das eigentliche Schloss steht Besuchern nicht offen, denn dort residiert heute der Bürgermeister, mit Büro im Rittersaal.

Luxemburg: Die Schlossruine in Koerich fasziniert mit bis zu drei Meter dicken und 15 Meter hohen Mauern

Die Schlossruine in Koerich fasziniert mit bis zu drei Meter dicken und 15 Meter hohen Mauern

Quelle: picture-alliance/dpa/Weihmann

Schloss Koerich aus dem 13. Jahrhundert ist ebenfalls ein Flachlandschloss, es liegt im Zentrum der gleichnamigen Ortschaft. Seit knapp 300 Jahren ist es nicht mehr bewohnt und inzwischen eine Ruine. Allerdings mit stattlichen, bis zu drei Meter dicken und 15 Meter hohen Mauern sowie dem quadratischen Burgfried: „Er wird auch Hexenturm genannt, weil darin Frauen eingesperrt wurden, die der Hexerei beschuldigt waren“, erklärt der Guide vor Ort. Am Grundriss kann man erkennen, wie pompös das Schloss einst war. Die Ruine ist jederzeit frei zugänglich – es sei denn, jemand hat den Schlosshof für eine Feierlichkeit gebucht.

Das letzte der sieben herrschaftlichen Anwesen ist Septfontaines – die Burg überragt das gleichnamige Örtchen, das auf Deutsch Simmern heißt. Sie geht auf das 12. Jahrhundert zurück und ist in Privatbesitz. Das bedeutet: Man darf sie leider nicht besichtigen, das stattliche Gemäuer kann nur vom Tal oder von der gegenüberliegenden Anhöhe aus betrachtet werden.

Wer schon immer mal Schlossherr werden wollte, hätte hier eine Möglichkeit: Burg Septfontaines steht zum Verkauf. Wie man vor Ort hört, wurde sie zuerst für acht, dann für fünf und zuletzt für 3,5 Millionen Euro angeboten. Geradezu ein Schnäppchen.

Tipps und Informationen für Luxemburg:

Anreise: Mersch ist ab Luxemburg-Stadt in knapp 20 Minuten mit Auto und Bahn erreichbar (16 Kilometer). Bester Ausgangspunkt für die Sieben-Schlösser-Tour ist Mersch im Tal der Eisch. Wer die 27-Kilometer-Tour durch das Vallée des 7 Châteaux nicht per Auto zurücklegen mag, nimmt den gleichnamigen Wanderweg (36 Kilometer einfach, visitguttland.lu/de).

Die Schlösser: Alle Anwesen, außer Septfontaines, sind auch im Winter kostenfrei zugänglich, je nach Anlage sind nur Teile geöffnet. Öffnungszeiten und weitere Informationen: carena-vela.lu (Burg Ansembourg), gcansembourg.eu (Schloss Ansembourg), erliewen.snj.lu/hollenfels (Hollenfels, Innenbesichtigung nur auf Anfrage), ksf.lu (Koerich), mersch.lu (Mersch und Schoenfels).

Unterkunft: Wohnen kann man im Bead & Breakfast auf Burg Ansembourg (Doppelzimmer ab 200 Euro, carena-vela.lu) und voraussichtlich ab 2024 wieder auf Burg Hollenfels, die Anlage ist momentan wegen Renovierung geschlossen (Jugendherberge mit Mehrbettzimmer ab 18 Euro pro Person, youthhostels.lu).

Auskunft: visitluxembourg.com

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Visit Luxembourg. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.com/de/werte/downloads.

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