Liechtenstein: „Das Paradies habe ich hier gefunden“

Als Liechtenstein am 15. August seinen Staatsfeiertag beging, ließen sich gut 20.000 Schaulustige abends vom Feuerwerk verzaubern. Dabei kann die Bevölkerung des flächenmäßig viertkleinsten Landes in Europa gerade mal mit einer mittelgroßen Kleinstadt konkurrieren.

In dem 24 Kilometer langen und zwölf Kilometer breiten Ländchen zwischen dem Rheintal und den Bergen leben ganze 38.000 Liechtensteiner, 5000 in der vom Schloss gekrönten Hauptstadt Vaduz. Doch der Zwergstaat strotzt vor Selbstbewusstsein. Ohne Arbeitslosigkeit und politische Konflikte scheint das Leben im Fürstentum geradezu paradiesisch.

Fürst Johann Adam I. erwarb 1699 für 115.000 Gulden zuerst die Herrschaft Schellenberg und 1712 für 290.000 Gulden die Grafschaft Vaduz. Fürst Anton Florian von Liechtenstein vereinigte vor gut 300 Jahren beide Ländereien zum Reichsfürstentum Liechtenstein. Das war damals kein Problem. Und die meisten Untertanen sind bis heute mit der konstitutionellen Erbmonarchie zufrieden, die aus dem bitterarmen „Bauernwinkel“ einen prosperierenden Kleinstaat gemacht hat.

Quelle: Infografik WELT

„Es gibt wirklich wenig Schlechtes, was sich über Liechtenstein sagen lässt“, meint Brian Haas. Der 29-Jährige ist Gründer des Jugendrats, der sich um die Belange der Jugendlichen kümmert. Und Michael Schädler schwärmt: „Es ist wirklich toll hier, man ist im Nu im Erholungsgebiet.“ Das war nicht immer so. Michaels Opa, erinnert sich der 16-Jährige, ist noch zu Fuß gute 15 Kilometer von Triesenberg zur Arbeit in Buchs gegangen, bis er sich nach einem Jahr ein Fahrrad leisten konnte.

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„Man schaut zu wenig zurück und zu wenig über die Grenzen“, kritisiert Brian. Deshalb sei es dem Jugendrat wichtig, junge Leute politisch aufzuklären und ihnen eine Plattform für ihre Interessen zu bieten. Denn natürlich gebe es auch Probleme im Land. Vor allem Einwanderern falle es schwer, ihren Platz innerhalb der Gesellschaft zu finden, und die Einkommen seien ungleich verteilt wie in kaum einem anderen europäischen Land.

Wanderwege verbinden alle Gemeinden von Liechtenstein; hier ist das Hochtal Malbun zu sehen

Wanderwege verbinden alle Gemeinden von Liechtenstein; hier ist das Hochtal Malbun zu sehen

Quelle: picture Alliance/imageBROKER/Günter Fischer

Kritik am steinreichen Fürstenhaus – Fürst Hans-Adam II. ist laut Bloomberg zehnmal reicher als das britische Königshaus – bleibt aus. „Eine Familie, die nicht in den Zeitungen ist“, lobt Brian. „Nahbar“ nennt Michael den Herrscher von Schloss Vaduz. Auch wenn der 78-jährige Hans Adam II. nominell noch Staatsoberhaupt ist, führt der 55-jährige Erbprinz Alois die Tagesgeschäfte. Das letzte Wort hat aber immer noch sein Vater. Mit dem Liechtenstein Global Trust machte er das Fürstentum zum ebenso begehrten wie berüchtigten Finanzplatz.

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Exemplarisch war der Fall Zumwinkel. Der Postchef hatte mit seiner Liechtensteiner Stiftung eine Million Steuern hinterzogen. Seine und andere Manipulationen hatte 2008 ein Whistleblower ans Tageslicht gebracht. Das Fürstentum zog Konsequenzen und versprach mehr Transparenz im Bankwesen und den Austausch von Steuerinformationen. Immerhin ist Liechtenstein, dessen Landeswährung seit 1924 der Schweizer Franken ist, als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der europäischen Freihandelszone Efta eng mit Europa verbunden.

Die Hauptstadt Vaduz verändert sich ständig

Für Stadtführerin Elisabeth Beck sind die Schwarzgeldzeiten längst Vergangenheit. Das Fürstentum habe eine enorme Unternehmensdichte und erwirtschafte 40 Prozent des Bruttosozialprodukts über Industrie und Gewerbe, erklärt sie beim Rundgang durch Vaduz, wo kräftig gebaut wird.

Liechtenstein: Das Schloss Vaduz thront auf einem Felsen über der Hauptstadt

Das Schloss Vaduz thront auf einem Felsen über der Hauptstadt

Quelle: pa/pressefoto_korb/Micha Korb

„Die Stadt verändert sich ständig“, sagt Beck. Das sieht man: Spektakuläre Neubauten mit viel Glas stehen neben traditionellen Häusern. Vor allem entlang des Rheins haben sich große Unternehmen angesiedelt. Platzhirsch Hilti hat seinen Hauptsitz in Schaan vergrößert und neben das Kunstmuseum Liechtenstein einen schwarzen Kubus für die Hilti Art Foundation gestellt.

Schon wieder renoviert werden musste das erst 2008 fertiggestellte Landtagsgebäude in Klinkerstein-Optik mit Steildach. Dort arbeiten 25 Abgeordnete aus vier Parteien in Teilzeit. Der Bürgermeister von Vaduz residiert im Rathaus aus dem Jahr 1933. Auf einem Fresko ist der Heilige Urban, der Patron der Winzer, verewigt – auch Wein gedeiht im Fürstentum, nicht nur auf dem fürstlichen Weinberg.

Liechtenstein: Der Bürgermeister von Vaduz residiert im Rathaus aus dem Jahr 1933

Der Bürgermeister von Vaduz residiert im Rathaus aus dem Jahr 1933

Quelle: picture Alliance/Zoonar/Nando Lardi

Kunst ziert nicht bloß das Rathaus, sondern die ganze Fußgängerzone: Neben dem Kunstmuseum liegt die kolossale „Ruhende Frau“ des kolumbianischen Bildhauers Fernando Botero, vor dem Rathaus schnauben die Tre Cavalli des Schweizers Nag Arnoldi, vor der Ladenzeile schaut von Robert Indermaurs „Hochsitz“ ein Mann Richtung Schweiz.

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Elisabeth Beck hat viel zu erklären auf dieser Kunstmeile voller Museen, darunter die Schatzkammer, das Postmuseum und das Landesmuseum. Kein Wunder, ist Vaduz doch Hauptstadt eines der fünf schuldenfreien Länder der Welt.

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Der Bayer Peter Demmel betreibt in Schaan eine Kaffeerösterei. Der studierte Wirtschaftsingenieur lebt seit 23 Jahren in Liechtenstein und liefert seine Kaffee-Cuvées bis nach Kalifornien. Wie er nach Liechtenstein kam? Der hochgewachsene Tölzer mit dem breiten Lächeln denkt nicht lange nach: „Ich war auf der Suche nach dem Paradies und hab‘ es hier gefunden.“ Inzwischen teilt er sein Paradies mit seiner bayerischen Frau und freut sich in seiner Kaffeemanufaktur über regen Zuspruch.

Cold Brew, eine im Kühlschrank gereifte Spezialität, geht an warmen Tagen besonders gut, aber auch Feuerland („oben heiß, unten kalt“) oder der kräftige Verona Shot. Und für die kleinen Kunden gibt es einen eigenen Kinder-Capuccino mit dem Doppel-M obendrauf, dem Markenzeichen der Kaffeemanufaktur. Wenn Peter mit seinen Kunden scherzt, glaubt man ihm gerne, dass er sich in seiner Wahlheimat „sauwohl“ fühlt.

Liechtenstein ist perfekt zum Wandern

Auch Hotelier Norman Vögeli würde nicht weg aus Liechtenstein wollen – schon seiner Vögel wegen. Der 52-Jährige mit dem passenden Namen ist Falkner aus Leidenschaft. „Ich habe mit acht Jahren meinen ersten Raben gehabt“, sagt Vögeli bei der Flugvorführung im „Hotel Galina“. Von da an war er den Vögeln verfallen. „Ich werde Raben haben, solange ich lebe“, ist der Vogelflüsterer überzeugt. Den „Pitbull der Vögel“ nennt Vögeli das gefiederte Muskelpaket und der schwarzglänzende Corvus Corax auf der Stange krächzt, als würde er das verstehen.

Liechtenstein: In Malbun nimmt Falkner Norman Vögeli (l.) Gäste mit auf eine Adlerwanderung

In Malbun nimmt Falkner Norman Vögeli (l.) Gäste mit auf eine Adlerwanderung

Quelle: picture-alliance/obs/Schweiz_Tourismus

Doch vor allem will der Falkner den staunenden Zuschauern zeigen, was Uhu, Habicht, Bussard & Co alles draufhaben. Dass die fliegenden Räuber gefährlich sind, betont er immer wieder. Auch die so kuschelig aussehende Uhu-Dame hat so gar nichts von Harry Potters Schneeeule Hedwig: „Jeder Flug, den sie macht, ist der Tod“, warnt Vögeli, der zu jedem seiner Greifvögel eine Geschichte erzählen kann.

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Doch seine Herzensdame ist Taiga, die 35-jährige Steinadlerfrau. Seit 22 Jahren sind die beiden ein „Paar“. „Ich wollte Falkner werden, um einen Adler zu haben“, sagt Vögeli. Ehefrau Susanne hat sich an die gefiederte Konkurrenz gewöhnt. Und die Menschen im beliebten Ferienort Malbun, der noch bis weit ins 20. Jahrhundert eine Alm war, wissen Bescheid: Wenn ein Steinadler im Sessellift sitzt, ist Norman Vögeli wieder zu einer Adlererlebniswanderung unterwegs.

Liechtenstein: Der beliebte Ferienort Malbun war noch bis weit ins 20. Jahrhundert eine Alm

Der beliebte Ferienort Malbun war noch bis weit ins 20. Jahrhundert eine Alm

Quelle: picture Alliance/imageBROKER/Günter Fischer

Auch ohne Vogel lässt sich in Liechtenstein wunderbar wandern. Der zum 300. Geburtstag eröffnete Liechtenstein-Weg verbindet alle elf Gemeinden des Fürstentums. Er bietet auf 75 höchst unterschiedlichen Wanderkilometern Einblick in Geschichte und die Sagenwelt und fantastische Ausblicke über Berge und Täler.

Tipps und Informationen:

Anreise: Mit dem Auto über das österreichische Feldkirch und die Grenze nach Liechtenstein. Oder vom rund 100 Kilometer entfernten Flughafen Zürich-Kloten mit der Bahn nach Sargans und mit dem Bus weiter nach Vaduz.

Unterkunft: Zum Beispiel nahe Vaduz im „Hotel Schatzmann“, Doppelzimmer ab 267 Euro, schatzmann.li; beim Falkner Vögeli das „Hotel Galina“, Doppelzimmer ab 122 Euro, galina.li.

Essen & Trinken: Bodenständig, mit grandioser Aussicht und der Spezialität Käsknöpfle in der Wirtschaft „Zum Löwen“ in Schellenberg, loewen.li; frische Küche mit regionalen Zutaten inklusive Bergpanorama im „Restaurant Kainer“ in Triesenberg, kainer.li; Regionales raffiniert verfeinert im „Restaurant Vivid“ im Triesener „Hotel Schatzmann“, restaurantvivid.li; einheimische Spezialitäten mit Aussicht im Berggasthaus „Sareis“ in Malbun, sareis-malbun.li; Kaffeerösterei Demmel in Schaan, demmel.li.

Weitere Informationen: liechtenstein.li

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Liechtenstein Tourismus. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.com/de/werte/downloads.

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