Krieg gegen die Hamas: Wirtschaft im Kriegsmodus

Über vier Wochen ist es her, dass Hamas-Terroristen in Israel eindrangen. Dass sie mordeten, schändeten, Geiseln nahmen, von denen einige bereits tot und anderer Schicksale noch ungewiss sind. Täglich kämpft nun die israelische Armee gegen die Hamas, während die weiter Raketen aus dem Gazastreifen in israelische Kibbuzim und bis nach Tel Aviv feuert, während die Hisbollah den Norden des Landes beschießt. Israel kämpft ums Überleben.

Und gleichzeitig, das ist das Paradoxe am Krieg: Die Wirtschaft darf nicht stillstehen. Menschen brauchen Lebensmittel, neue Waschmaschinen, Kleidung. Dafür gehen die, die können, weiter arbeiten, von zu Hause, manche sogar von der Front. Sie müssen ihre Miete überweisen, Versicherungsprämien zahlen, Kredite bedienen. Und Unternehmen versuchen, internationale Kunden zufriedenzustellen, Finanzierungen einzuholen, Projekte abzuschließen. Auf eigenartige Weise geht das Leben weiter – und mit ihr eine Wirtschaft im Ausnahmezustand.

Auch bei den vergangenen Kämpfen gegen die Hamas war das so. 2008, 2014, 2021. Die israelische Gesellschaft ist erprobt im Krisenmodus, was ihn nicht leichter macht. Doch dieses Mal ist es anders: das Ausmaß der Gewalt, die Anzahl der Geiseln, die Gefahr eines Flächenbrandes. Eine besondere Probe.

Als es gerade wieder aufwärtsging, kam die Hamas

Israel hat keinen Zugang zu einer Wirtschaftsunion. Abgesehen vom Techsektor produzieren Unternehmen deshalb weniger für den Weltmarkt, sondern für die israelische Gesellschaft. Das macht die Wirtschaft abhängig von der Stimmung im Land – und die war bis Anfang Oktober eigentlich gut.

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Zwar löste die geplante Justizreform Unsicherheit vor allem bei internationalen Investoren aus. Doch das Konsumverhalten im Land näherte sich gerade wieder an das Niveau von vor der Corona-Pandemie an, das Wirtschaftswachstum betrug rund drei Prozent, die Inflationsrate schwankte um vier Prozent. Israel steckte die weltweite Krisenstimmung des vergangenen Jahres besser weg als andere Länder. In diese Stimmung brach die Attacke der Hamas.

Es klafft ein Loch auf dem Arbeitsmarkt

Sie brachte den Tod, riss Lücken in Familien, machte es für manche Menschen psychisch unmöglich, zu arbeiten. Zudem wurden seit Kriegsbeginn 360.000 Reservisten in die Armee eingezogen, insgesamt 250.000 Israelis verließen den Norden des Landes und die Gebiete rund um den Gazastreifen – und damit auch ihre Wohnorte und Arbeitsstellen. Schulen und Kitas haben vielerorts geschlossen, Eltern können nicht wie gewohnt arbeiten gehen. Und die israelische Regierung entzog Zehntausenden Palästinensern die Arbeitserlaubnis, die vor allem im Baugewerbe tätig sind.

Einer Berechnung des Taub Center for Social Policy Studies zufolge, einem unabhängigen Forschungsinstitut in Jerusalem, fehlen derzeit 550.000 Menschen auf dem Arbeitsmarkt – und damit fast 14 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. “Das hat einen großen Einfluss auf die Fähigkeit der Wirtschaft, zu funktionieren und zu wachsen”, sagt Benjamin Bental, Forschungsleiter Wirtschaftspolitik am Taub Center. Dem Videocall schickt er die Warnung vorweg, dass dieser jederzeit wegen Raketenalarm abgebrochen werden könnte.

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Der Krieg habe Unsicherheit mit sich gebracht – in ein Land, das zu denen mit den höchsten Konsumausgaben weltweit gehört. Erste Daten könnten bereits einen Effekt zeigen, sagt Benjamin Bental: Kurz nach dem Angriff der Hamas sei das Transaktionsvolumen bei Kreditkarten um zehn Prozent zurückgegangen, nach dem Beginn der Armeeoperation sogar um bis zu zwanzig Prozent. Überinterpretieren sollte man diese Daten so kurz nach Kriegsbeginn zwar nicht. Doch einige Ökonomen schließen daraus, dass die Menschen sparen aus Sorge vor dem, was kommt. “Auch die Börse in Tel Aviv reagierte scharf”, sagt Bental, zeitweise brachen die dort gehandelten Wertpapiere um 22 Prozent ein.

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