Jütland in Dänemark: Eine Radtour an der wilden Nordsee-Küste

Dänemarks äußerster Nordwesten ist sturmumtost und ungezähmt. Diese wilde Einsamkeit im Norden Jütlands lässt sich gut mit dem Rad erkunden, und zwar auf dem Kystsporet, zu Deutsch Küstenstrecke. Die 157 Kilometer lange, gut ausgeschilderte Route führt auf weitgehend flachem Terrain von Vorupør nach Blokhus immer an der Nordsee entlang, mit salzig-frischer Luft als ständigem Reisebegleiter.

Naturgemäß weht hier eine tüchtige Brise – um die möglichst oft im Rücken zu haben, empfiehlt es sich, von Süden nach Nordosten zu radeln. Dann hat man, statistisch gesehen, seltener Gegenwind, der hier schon mal so heftig ist, dass man vom Rad steigen muss. Je nach Fahrtalent und Entspannungsbedarf sollte man drei bis vier Tage einplanen.

Der Ausgangspunkt in Vorupør liegt inmitten von Dänemarks größter Wildnis, dem Nationalpark Thy. 244 Quadratkilometer Dünenlandschaft mit Kranichen, Rotwild und historischen Leuchttürmen wurden hier 2008 unter Schutz gestellt. Das Nationalparkzentrum überrascht mit seiner modernen Architektur und die Region mit einer internationalen Auszeichnung: 2022 empfahl der „New York Times”-Guide „52 Places for a Changed World“ Thy ausdrücklich als Reiseziel.

Quelle: Infografik WELT

Der Kystsporet führt durch die Dünen von Thy, bewachsen mit Heidel- und Moosbeeren. Waldabschnitte mit windschiefen Kiefern bieten dann und wann Schutz vor dem stetigen Wind. Die Natur glänzt silbrig, grün, moosgrau, sandfarben und braun unter dem besonderen Licht des Nordens. Entschleunigung stellt sich hier bei einer Rast auf weichem Moos ganz von allein ein, neben Grashüpfern und Butterblumen, mit Blick in die rasenden Wolken, mit dem beruhigenden Rauschen der Wellen im Ohr.

Vorbei an einem der besten Surfspots in Europa

Ein Höhepunkt der Strecke ist der „Cold Hawaii“ genannte Küstenstreifen zwischen Agger und Hanstholm. Der etwa 55 Kilometer lange Abschnitt gilt als einer der besten Surfspots Europas. Hartgesottene springen im Ganzkörperneoprenanzug in die kalten Wellen. Auffällig sind neben Windsurfern und Wellenreitern die vielen Wing-Surfer. Sie stehen auf einem Wingfoil-Board, in den Händen halten sie zwei aufblasbare Flügel, mit denen sie den Wind einfangen und ihrem Brett Vortrieb geben, das dadurch ohne direkten Wasserkontakt über die Wellen saust.

Es sieht unglaublich leicht aus – wie bunte Schmetterlinge, die über der Nordsee tanzen. „Das ultimative Freiheitsgefühl“, sagt eine Wing-Surferin, die gerade dem Meer entsteigt und über das ganze Gesicht strahlt. Auf die Frage nach der Wassertemperatur hat sie nur ein lässiges Schulterzucken übrig: „Ach, so kalt ist das gar nicht.“

Dänemark: Der Radweg Kystsporet verläuft nah an der Nordsee

Sandige Angelegenheit: Der Radweg Kystsporet verläuft nah an der Nordsee

Quelle: Niclas Jessen

Klitmøller ist der Hauptort der Surferküste. Bis in die 60er-Jahre war er ein Fischerort, gute Fischlokale gibt es bis heute. Zum Beispiel die „Klitmøller Røgeri“ mit großen Panoramafenstern und Blau- und Türkistönen, die den Himmel und das Meer widerspiegeln. Unbedingt Stjerneskud probieren – zu Deutsch Sternschnuppe. Dieser Klassiker der dänischen Küche besteht aus Roggenbrot, das mit Salat, panierter Scholle, Flusskrebsen, Krabben und Räucherlachs belegt ist und mit Dill, Zitrone und Cocktailsauce garniert wird. Mehr Meer geht nicht auf einen Teller!

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Gestärkt geht es weiter nach Hanstholm. Hier befindet sich Nordeuropas größte Festungsanlage aus dem Zweiten Weltkrieg, mit trutzigen, in den Dünen verborgenen Bunkern. Das Bunkermuseum schildert eindringlich den Alltag der damals hier stationierten Wehrmachtsoldaten und die Lebensbedingungen der dänischen Zivilbevölkerung unter deutscher Besetzung. Man erfährt zum Beispiel, dass dieser Abschnitt des Atlantikwalls als „Sahnefront“ bezeichnet wurde – wegen der vergleichsweise guten Versorgungslage. Viele Soldaten hamsterten hier Lebensmittel, die sie an ihre Familien in Deutschland schickten.

Verdiente Pause: Fish & Chips mit Meerblick

Verdiente Pause: Fish & Chips mit Meerblick

Quelle: Anja Kocherscheidt

Neben den Bunkern sticht in Hanstholm vor allem der riesige Hafen ins Auge. Er ist nicht nur Dänemarks größter Fischereihafen, sondern beherbergt zugleich eine der führenden Fischauktionen des Kontinents: Hier, wo Männer mit Händen so groß wie Krebse arbeiten, kommen täglich bis zu 450 Tonnen Meerestiere unter den Hammer.

Im Ort gibt es eine Reihe von Fischlokalen, die ohne feste Speisekarte servieren, was die Fischerboote fangfrisch einbringen, „Sea to table“ heißt das Konzept. Besonders schön auf einer Anhöhe gelegen ist „Hanstholm Madbar“, wo heute Muscheln aus dem Limfjord serviert werden und gekochter Seehecht mit Zitrone. Den Blick auf Hafen und Nordsee gibt es gratis dazu.

Vom Fahrrad aus die Nordsee stets im Blick

Am nächsten Tag geht es weiter Richtung Bulbjerg, zum Glück mit Rückenwind. Bis nach Frøstrup verläuft der Schotterweg auf leicht hügeligem Terrain, das Meer stets in Sichtweite. In Vigsø Strand, etwa auf halber Strecke, stehen halb im Wasser, halb im Sand weitere rund 20 deutsche Weltkriegsbunker. Doch die Betonmonster haben ihre bedrohliche Wirkung überwiegend verloren: In den vergangenen 80 Jahren ist das Meer um gut 140 Meter landeinwärts gerückt und hat die Bunker zum Großteil verschlungen.

Einmal noch die Zehen ins kühle Nass stecken, dann geht es weiter durch Mischwälder und wilde Einsamkeit. Keine Menschenseele weit und breit, nur ein Fuchs kreuzt den Weg, schaut verwundert und verschwindet gemächlich im Unterholz.

Einen Höhepunkt – und das ist durchaus wörtlich zu verstehen – stellt der Bulbjerg-Felsen dar, der fast 50 Meter über die Jammerbucht ragt. Er bietet hunderten Dreizehenmöwen mit seinen schroffen Kalkwänden ein Brutrevier. Die Vögel scheinen Nordseekrabben zu mögen, jedenfalls ist der Strand übersät mit unzähligen leeren Krabbengehäusen.

Brutrevier für Möwen: der fast 50 Meter hohe Bulbjerg-Felsen in Jütland

Brutrevier für Möwen: der fast 50 Meter hohe Bulbjerg-Felsen

Quelle: picture Alliance/imageBROKER/NielsDK

Das nächste Etappenstück bis Slettestrand zieht sich zunächst wie eine kilometerlange Schneise durch die Landschaft. Links und rechts nichts als Wald. Dann wird es hügeliger, nun geht es durch die saftiggrüne Svinkløv Klitplantage, einen breiten bepflanzten Dünenstreifen mit atemberaubenden Ausblicken über die Nordsee.

Zwei stilvolle Unterkünfte stellen Radler vor die Qual der Wahl: Da wäre zum einen Dänemarks größtes Holzgebäude, das 2016 komplett abgebrannte und sensibel wiederaufgebaute „Svinkløv Badehotel“. Wer es nordisch-elegant mag, kann sich im „Hotel Nor“ einquartieren: Auf einem Dünenhügel gelegen, laden hier gemütliche Deckchairs zum Genießen des Sonnenuntergangs ein, mit phänomenalem Weitblick über das Skagerrak, den Nordwestausläufer der Nordsee zwischen Jütland und Norwegen.

Eine beliebte Attraktion im Norden von Jütland

Die letzte Etappe bis nach Blokhus ist fast durchgehend geschottert und entsprechend mühsam zu fahren. Mit einem Mountainbike ist man hier klar im Vorteil. In Hune, einem Nachbarort von Blokhus, hat die exzentrische Künstlerin Anne Just eine riesige Gartenoase geschaffen. Seit 1991 verwandelte sie eine ehemalige Dünenplantage nach und nach in ein – farblich geordnetes – Blumenlabyrinth namens „Haven i Hune“. 1995 wurde es für Besucher geöffnet, heute ist es eine wichtige Touristenattraktion in Nordjütland. Eine Tour lohnt sich am besten gleich morgens, wenn der Parkplatz noch leer ist.

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Blokhus, früher ein Fischerdorf, ist heute ein bodenständiges Seebad, perfekt als Endstation der Kystsporet-Radtour. Man kann gut essen gehen – etwa im „Haw’et“, untergebracht in einem reetgedeckten Haus, früher das Ortsgefängnis. Heute werden hier wunderbare Smørrebrød-Variationen aufgetischt. Wer sich nicht entscheiden kann zwischen Kräuterhering mit Kapern und Zwiebeln oder Räuchermakrele mit Rettich und Eigelb, probiert am besten beides.

Dänemark: Strandhäuser am Dünensaum von Blokhus

Urlaub in Reih und Glied: Strandhäuser am Dünensaum von Blokhus

Quelle: Dirk Rüter/Zoonar/picture Alliance

Danach geht es an den Strand. Der bietet, wie die Badeorte an der deutschen Nordseeküste, natürlich auch feinen Sand und flotte Wellen. Trotzdem ist die Atmosphäre hier ganz anders: In Blokhus gibt es keine Strandkörbe, dafür aber kleine weiße Badehäuser, aufgereiht entlang der Dünenkante wie Perlen auf einer Kette. Sie machen den Ort so unverwechselbar wie unvergesslich.

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Tipps und Informationen:

Anreise: Für die Anreise nach Vorupør ist ein Auto empfehlenswert. Von Flensburg aus erreicht man den Ort in rund dreieinhalb Stunden über die E45 und die Route 18.

Unterkunft: Selbstversorger finden eine moderne Unterkunft im reetgedeckten Reiterhof „Lildgaard“ in Frøstrup, Frühstück, Abendessen und Proviant auf Vorbestellung erhältlich, ab 100 Euro pro Nacht (lildgaard.dk). Nystrup Camping in Klitmøller bietet Luxuszelte mit Doppelbett und Privatterrasse an ab 173 Euro sowie spartanische Fasshütten mit zwei Betten ab 53 Euro, Fahrradverleih auch an Gäste, die nicht auf dem Platz übernachten (nystrupcampingklitmoller.dk/de/). Gediegenes Ambiente in Slettestrand bieten das „Badehotel Nor“ (Doppelzimmer ab 180 Euro, hotelnor.dk) und das „Svinkløv Badehotel“ (Doppelzimmer ab 230 Euro, svinkloev-badehotel.dk). Mitten im Garten von Blumenkünstlerin Anne Just übernachten Radler in ehemaligen Ateliers oder Werkstätten mit eigenem oder Gemeinschaftsbad sowie Küche, ab 90 Euro (annejust.dk).

Weitere Infos: Hintergründe zum Kystsporet-Radweg und zur Küstenregion: visitnordvestkysten.de/kystsporet; Nationalpark Thy in Vorupør: nationalparkthy.dk; generelle Auskünfte: visitdenmark.de

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Visit Denmark. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.com/de/werte/downloads.

Dieser Artikel ist im Rahmen der BESSERE ZUKUNFT ERDE WOCHE von WELT erschienen.

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