Hotellegende an der französischen Riviera: Hotel du Cap-Eden-Roc

Jedem idealen Ort wohnt auch ein Mantra inne. Aber selten lässt es sich so formvollendet ablauschen wie hier, im Aleppo-Pinienwald der Landzunge des Cap d’Antibes. Am Wegesrand des Hotelparks, ganz en passant, eingemeißelt in weißem Stein, stehen sie, die Worte des Poeten Anatole France, der seinen letzten Winter vor dem Ersten Weltkrieg im Hôtel du Cap an der Côte d’Azur verbrachte: „Ce qui sera c’est ce qui fut“. In etwa: Was sein wird, ist das, was war. Hmm. Von heute aus gelesen, klingt das nahezu wie ein utopischer Hoffnungsseufzer: Die Welt möge doch, bitte, allen Widrigkeiten der Gegenwart zum Trotz in ihrer Gestalt der Vergangenheit bleiben.


Die ganze Pracht der Côte d’Azur in einem Gebäude.
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Bild: Romain Reglade

Auf den zweiten Blick erweist sich die Sentenz des berühmten Gastes als profunde philosophische Erkenntnis, wie sie Odo Marquard einst formulierte: Zukunft braucht Herkunft. Oder, abgewandelt als Geheimrezept jedes legendären Hotels: Nur, wo es gelingt, die glorreiche Geschichte des Hauses so präsent zu halten, dass sie bei jedem Aufenthalt gleichsam erneut erlebbar wird, inspiriert ein Ort zur Wiederkehr und sichert so mit guten Stammgästen den Bestand auf Generationen. Im Hôtel du Cap-Eden-Roc passiert das bereits in jenem Moment, da man unter azurblauem Himmel vor dem makellos sandfarbenen Prachtbau im Stil des Second Empire ankommt. Das tropisch leuchtende Grün der mediterranen Pflanzenwelt, die den Aufgang rahmt, vollendet mit passend beige gekleideter Entourage zum Empfang eine präzise Architekturzeichnung, wie man sie sofort direkt ins 19. Jahrhundert datieren möchte. Und würde da nicht nach Betreten der angenehm kühlen Marmorlobby eine hinreißend pinkfarbene Infusion Verveine Cranberry mit Limette auf Eis im Kristallglas zur Begrüßung als Zeichen zeitgenössischer Kulinarästhetik of the moment gereicht, es stellte sich die berühmte Frage am Ende der mysterienumrankten „Twin Peaks“-Saga von David Lynch: What year is this?

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