Hessen: Warum die Royals den Wein aus dem Rheingau schätzen

Die Region Rheingau

Der Rhein wechselt hierzulande nur ein einziges Mal seine Richtung, statt von Süd nach Nord fließt er im Rheingau gut 30 Kilometer von Ost nach West, bis zu 900 Meter breit mit Flussauen. Eine Laune der Natur, die dafür sorgt, dass diese rechtsrheinischen Flusshänge automatisch auf der Sonnenseite liegen.

Im Rücken liegt der schützende Taunus mit dem bis zu 619 Meter hohen Rheingaugebirge. Ideale Voraussetzungen für Weinanbau, die ersten Reben wurden bereits um 800 n. Chr. von Mönchen und Burgherrn angebaut. Mittelalterliche Prachtbauten thronen über dem Rhein wie Schloss Vollrads, Burg Schwarzenstein oder Schloss Johannisberg; ab Rüdesheim beginnt hier das Unesco-Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal.

Der Rheingau zwischen Walluf, Eltville, Rüdesheim und Lorch wirkt wie eine mediterrane Kulturlandschaft. Im Sommer findet alles draußen statt, und es gibt Open-Air-Events für jeden Geschmack: Zu den Superlativen zählen das größte Harley-Davidson-Treffen Europas mit Hardrock in Rüdesheim und das allerorts stattfindende Rheingau-Musik-Festival mit 170 Konzerten (noch bis 2. September).

Quelle: Infografik WELT

Rheingau-Besucher brauchen kein Auto, was auch nicht empfehlenswert wäre, denn Weinproben locken quasi hinter jeder Wegbiegung. Die Städtchen sind mit der Bahn gut miteinander verbunden, alternativ schippern auch viele Fahrgastschiffe und Fähren auf dem Rhein.

Der Schatz im Kloster Eberbach

Seine Säulenhalle kennt man aus „Game of Thrones“, den Mönchsschlafsaal aus „Der Name der Rose“ mit Sean Connery, und bei flackernden Kerzenschein-Führungen geht es hinab zur Weinprobe in den Cabinetkeller. Das mehr als 900 Jahre alte frühere Zisterzienserkloster Eberbach, romantisch umrahmt von Wald und Reben im Kisselbachtal, ist das größte und berühmteste Weingut Deutschlands. Es gehört dem Land Hessen.

Sein weltweit einzigartiger Schatz liegt im geheimen Hospitalkeller: Abertausende uralte, bestens gereifte Weine, alle Jahrgänge lückenlos ab 1890, lagern bis unter die Gewölbebögen; die älteste Kostbarkeit stammt von 1706. Ein Traum für Wein-Fans. Eine Mitarbeiterin kümmert sich nur ums Umkorken der historischen Flaschen.

Kaffee und Knorze

Von Walluf bis Lorchhausen öffnen im Sommer gut 250 Straußwirtschaften und Gutsschänken. Unbedingt probieren für eine Brotzeit: selbst gebackene „Wingertsknorze“ – das sind gedrehte Brotstangen, die aussehen wie knorrige Wurzelstöcke im Weingarten, der vor Ort auch Wingert genannt wird.

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Perfekt zum Dippen einer weiteren Spezialität: Spundekäs aus Frischkäse, Sahnequark und süßem Paprikapulver. Eine über Buchenholz geräucherte Wisperforelle wird auch gern serviert, die nur im mineralhaltigen Flüsschen Wisper vorkommt, das in den Rhein mündet. Es ist so klar, dass dort auch wieder angesiedelte Lachse aus dem Atlantik laichen.

Quelle: Infografik WELT

Für die Kaffeepause gibt es einen Klassiker: Rüdesheimer Kaffee im hohen Original-Porzellanbecher mit rosa Schrift, sozusagen die hessische Antwort auf Irish Coffee. Mit Sahnehaube und Schokostreusel gekrönt, mit Asbach-Uralt-Weinbrand aus Rüdesheim flambiert. Dazu passt hausgemachter „Quetschekuchen“ mit Zwetschgen.

Eltville ist Zentrum der Rosenzucht

22.000 Rosen ranken in Eltville, der Rosenstadt am Rhein. Im Juni erblühen diese Rosenstöcke in allen Farben, gefüllt und ungefüllt, duftende Raritäten und vielfarbige Neuzüchtungen, mehr als 350 Sorten.

Pinkfarbene Blüte und viel mehr: Eltville ist mit über 350 Arten Zentrum der Rosenzucht in Hessen

Diese pinkfarbene Rose ist nur ein Beispiel: In Eltville gedeihen mehr als 350 Sorten Rosengewächse

Quelle: Getty Images

Bei Führungen durch den Rosengarten der kurfürstlichen Burg geben Gärtner Tipps für den heimischen Garten; und die rote Beetrose „Stadt Eltville“ ist beliebtes Souvenir. Wer keinen grünen Daumen hat: Rosenblüten gibt es hier auch in Limonade, Honig, als Törtchen und Eis.

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Das Zitat

„Ein guter Hock hält den Arzt fern!“

Ein guter Hochheimer macht den Arzt überflüssig – dieses Zitat wird Queen Victoria (1819–1901) zugeschrieben. Ein „Hock“, wie die Briten früher Riesling nannten, war ihr Lieblingswein nach ihrem Besuch in Hochheim im Rheingau 1845.

Auf dem Weg ins Glas: Ein Riesling aus dem Rheingau wird eingeschenkt

Feiner Weißwein auf dem Weg ins Glas: Ein Riesling aus dem Rheingau wird eingeschenkt

Quelle: pa/imageBROKER/Günter Lenz

Ein nach ihr benannter „Königin-Victoriaberg“ liefert seither den Windsors exzellenten Riesling, Hoflieferant ist der Winzer Reiner Flick. Dieser „Hock“ schmeckt dem Königshaus schon seit zwei Jahrhunderten. Beim Bankett für Charles III. auf Schloss Bellevue gab es 2023 – selbstredend – einen 2018er-Königin-Victoriaberg-Riesling trocken.

Willkommen im Freistaat Flaschenhals

Vor 100 Jahren endete eine historische Kuriosität im Rheingau, von der auch mehrere Hinweisschilder am Straßenrand zeugen: Von 1919 bis 1923 war die Gegend um das Rheinstädtchen Lorch ein Niemandsland. Denn Franzosen und US-Amerikaner hatten mit einem Zirkel ihre Besatzungszonen am Mittelrhein gezogen; durch die kartografische Nachlässigkeit blieb ein Gebiet ausgespart und unbesetzt – auf der Landkarte in Form eines Flaschenhalses.

Ein „Reisepass“ als Souvenir mit historischem Hintergrund: 1919 rief der Bürgermeister von Lorch den „Freistaat Flaschenhals“ aus

Ein „Reisepass“ als Souvenir mit historischem Hintergrund: 1919 rief der Bürgermeister von Lorch den „Freistaat Flaschenhals“ aus

Quelle: freistaatflaschenhals.de

Der Bürgermeister rief in der Not den „Freistaat Flaschenhals“ aus, ließ eigene Geldscheine mit dem Spruch „Nirgends ist es schöner als im Freistaat Flaschenhals“ drucken. Es wurde viel geschmuggelt, bis die Franzosen die neutrale Selbstverwaltung beendeten. Als touristische Erinnerung gibt es heute den Reisepass „Freistaat Flaschenhals“ mit Rabatten bei Winzern und Gastronomen.

Skurriles, Rekordverdächtiges, Typisches: Weitere Teile unserer Länderkunde-Serie finden Sie hier.

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