Gefährliches Trinkwasser in den USA

Als die Amerikanerin Carla Bartlett bei ihrem Prozess gegen das Chemieunternehmen DuPont im Gerichts­saal gefragt wurde, wie sie an Krebs erkrankt sei, überraschte sie mit einer einfachen Erklärung. „Ich habe Wasser getrunken“, ließ die Neunundfünfzigjährige die Jury damals, im Herbst 2015, wissen. Bartlett hatte jahrelang in der Kleinstadt Coolville im Bundesstaat Ohio gelebt. Am gegenüberliegenden Ufer des Ohio River in West Virginia betrieb der Konzern eine Anlage zur Herstellung des Kunststoffs Teflon. Mehr als 18 Jahre vor dem Prozess hatten die Ärzte an Bartletts Niere einen Tumor entdeckt. Bei der anschließenden Operation wurde ihr neben dem Krebsgeschwür auch ein Stück Rippe entfernt. DuPont, trugen Bartletts Anwälte vor, hatte nicht nur Perfluoroctansäure, eine per- und polyfluorierte Alkylverbindung (PFAS), in den Ohio River geleitet, sondern auch die Gefahr für die Gesundheit durch das verunreinigte Trinkwasser verschwiegen.

Bartletts Prozess ging mit 1,6 Millionen Dollar Schadenersatz zu Ende – die Belastung des amerikanischen Trinkwassers durch PFAS-Verbindungen, wegen ihrer Stabilität auch Ewigkeitschemikalien genannt, setzt sich derweil fort. Laut einer jetzt vorgestellten Untersuchung der United States Geological Survey (USGS) findet sich in fast der Hälfte des amerikanischen Trinkwassers mindestens einer der gesundheitsschädlichen Stoffe. Die Wissenschaftler hatten in den Jahren 2016 bis 2021 Wasser aus etwa 700 öffentlichen und privaten Hähnen in allen Bundesstaaten auf Spuren von 32 der nach Schätzungen 12.000 Arten von PFAS untersucht. Besonders hohe Konzentrationen wiesen sie in Metropolen wie New York, Boston und Los Angeles nach. Wie erwartet fanden die Forscher auch in ländlicheren Regionen wie Colorado oder Wisconsin, in denen Chemieunternehmen produzieren, höhere Werte und bis zu neun PFAS-Varianten.

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Die Stoffe, unter anderem eingesetzt bei der Herstellung von schmutzabweisenden Fasern für Teppiche und Kleidung, Mobiltelefonen und beim Flugzeugbau, werden neben Krebs auch mit Übergewicht, Leberschäden und verminderter Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht. Schon im vergangenen Sommer hatte die Umweltschutzbehörde der Regierung in Washington eine Gesundheitswarnung vor PFAS ausgesprochen.

Um die Belastung einzudämmen, raten Gesundheitsorganisationen den Nutzern zu Wasserfiltern mit Aktivkohle oder Osmoseanlagen. Manche Städte sind dabei, PFAS aus dem Trinkwasser zu filtern, ­bevor es die Wasserhähne der Haushalte erreicht. Die Behörde für Umweltverschmutzung in Minnesota warnt aber vor dem Preis für sauberes Wasser. Allein in dem Bundesstaat müssten in den kommenden 20 Jahren bis zu 28 Milliarden Dollar aufgebracht werden, um Wasser von PFAS zu reinigen. „Wir müssen versuchen“, so eine Sprecherin, „die Chemikalien gar nicht erst in den Wasserkreislauf zu bringen.“

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