Frankreich: Wintersport und Wellness ist das Motto der Pyrenäen

Erst durch den Tiefschnee fahren, dann in der Therme auftanken – das hat in den bis zu 3000 Meter hohen Pyrenäen Tradition. Der 430 Kilometer lange Bergriegel ist weniger erschlossen, wilder und ursprünglicher geblieben ist als die Alpen. Die Wintersportorte im französischen Grenzgebirge zu Spanien bieten Skipisten aller Schwierigkeitsgrade, Schneeschuh-Wandern, Tourengehen und Wellness-Thermen.

Früher als in den Alpen beginnt hier der Skibetrieb dank Schneesicherheit. Erst weit nach Ostern, Ende April, endet die Saison. In den gesamten Pyrenäen erschließen rund 700 Lifte 2200 Kilometer Piste in 51 Skigebieten.

Davon liegen 32 in Frankreich. Es sind urwüchsige Bergdörfer, funktionelle Ski-in-Ski-out-Stationen wie Piau-Engaly oder auch traditionsreiche Kurorte wie Cauterets, Bagnères-de-Luchon und Ax-les-Thermes, die nach dem Schwingen im Schnee mit Planschen in Thermen locken.

Denn auch das hat die Kollision der Kontinentalplatten geschaffen: Hunderte Thermalquellen, die am Nordrand der Pyrenäen, wild im Wald, warm in Canyons und schick eingefasst in Badetempeln sprudeln. Weshalb Ski und Spa das Obermotto der französischen Pyrenäen ist.

Badespaß: Es gibt viele Thermalquellen in den französischen Pyrenäen

Quellen: – über Getty Images/PASCAL PAVANI

Hektik, Warteschlangen und Hüttengaudi findet man hier nicht. Gelassenheit liegt über den Bergen, genussvolles Gleiten dominiert, kombiniert mit besonderer Land- oder Gourmetküche, die auch in den Skihütten aufgetischt wird. Wir haben uns in den fünf interessantesten Wintersportorten für Ski und Spa umgesehen.

Saint-Lary-Soulan: Ski und Wellness

Größtes Alpinskigebiet der französischen Pyrenäen ist Saint-Lary-Soulan. Es hat 100 Pistenkilometer jeder Couleur und erstreckt sich über 600 Hektar – so viel Fläche bietet hier kein anderes Schneerevier.

Der Skizirkus verteilt sich auf drei Etagen: auf 1700 Metern der Schneespielplatz Pla d’Adet mit Rodelbahn und Übungshängen, in der Mitte, auf 1800 Metern, die roten Pisten von Soum-de-Matte und Espiaube. Und oben, 2400 Meter über dem Meer, der Vallon du Portet, wo sämtliche Wintersportangebote versammelt sind: Abfahrten von blau bis schwarz, Buckelpisten und steile Tiefschneehänge.

Snowboarder finden eine 120 Meter lange Halfpipe, Langläufer eine Hochroute. Wieder warm wird es den Wintersportlern bei einer „Remise en Forme“ und dem „Bien-Être“, wie die Franzosen die Wellness nach dem Wintersport nennen. Sauna und Solarium, Schwefelbäder und Schlammpackungen gehören zum Standard.

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Tagespass für das Skigebiet über altiservice.com

Barèges: Thermen unter Sternen und Freeride

Nachts funkeln die Sterne über den Thermen von Barèges, mit 1250 Metern das höchstgelegene Thermalbad Frankreichs. 42 Grad warm ist das mineralische Wasser, wenn es nach seiner Passage durch altes Granitgestein in Brunnen, Wannen und Becken sprudelt.

Madame de Maintenon, Gouvernante des Duc du Maine und Mätresse dessen Vaters – Sonnenkönig Ludwig XIV. – genoss bereits 1675 die heilende Wirkung der Wasser von Barèges. Fünf Jahre später kam Staatsminister Louvois, ließ sein gebrochenes Bein kurieren und gewährte einen Kredit für den Ausbau der Thermalbäder.

Frankreich: Barèges in den Pyrenäen

Das Örtchen Barèges ist nicht nur für Skifahrer interessant – auch im Sommer finden Aktivurlauber in der Umgebung viele Möglichkeiten der Freizeitgestaltung

Quelle: Hilke Maunder

Sein Schmuckstück versteckt sich im dritten Stock: Cieléo – ein sprichwörtlich himmlischer Wellnesspool unter dem nachempfundenen Firmament der Pyrenäen. Auf Knopfdruck lässt Bademeister Daniel die Sternbilder in immer neuen Farben funkeln.

Skifahren kann man natürlich auch: Das Skigebiet La Mongie-Barèges hat ähnlich viele Pistenkilometer wie Saint-Lary-Soulan, aber auf engerem Raum. Abseits der präparierten Pisten locken viele Freeride-Abfahrten, von denen die Aygues Cluses wegen des großartigen Landschaftspanoramas heraussticht.

Tagespass für das Skigebiet und Zugang zu den Pisten am Pic du Midi über tourmaletpicdumidi.fr

Ax-les-Thermes: Gondel von der Piste zum Thermalbrunnen

In Ax-les-Thermes sprudelt und dampft es allerorten. Auch in den Bains du Couloubret, einer postmodernen Interpretation römischer Thermen mit Massage-Wasserbetten, Wasserfällen und Außenbecken. Die heißen Thermalwasser von Ax sprudeln auch in den Brunnen der Stadt.

Und am Ende der Piste: Ein rechteckiges Becken mit heißem Thermalwasser steht am Schluss der Talabfahrt an der Place Saint-Jérôme für Wintersportler bereit. Man lehnt einfach Ski oder Snowboard gegen die Fassaden, zieht Stiefel und Socken aus, krempelt die Hosen hoch und steigt ins Wasser.

Das Thermometer zeigt zwar Minusgrade an, doch das Wasser dampft mit fast 40 Grad im Becken. Ruckzuck belebt es die müden Füße und wärmt den Körper wieder durch.

Pyrenäen in Frankreich

Quelle: Infografik WELT

Brunnen und Pisten verbindet eine Gondel, die nach acht Minuten Fahrt die Bergstation Bonascre (1231 Meter) erreicht, Tor zu 35 Pisten von insgesamt 80 Kilometer Länge. An jedem Liftende gibt es Abfahrten für jedes Niveau – so können alle zusammen fahren, und doch findet jeder die passende Piste. Eine neue Route für Skitouren und Schneeschuhwanderungen führt vom Bonascre-Plateau zum Gipfel des Tute auf eine Höhe von 2300 Meter.

Tagespass für das Skigebiet über ax.ski

Bagnères-de-Luchon: Ein Heilbad mit Tradition

Reichskanzler Otto von Bismarck, den Schriftsteller Gustave Flaubert und auch die Spionin Mata Hari zog es in dieses Heilbad. Belle-Époque-Ambiente vor einer schneefunkelnden Kette von 13 Dreitausendern. Das Thermalwasser von Bagnères-de-Luchon gilt seit der Antike als besonders heilsam, hier sprudeln die stärksten Schwefelquellen der Pyrenäen.

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Der Ort bietet auch das einzige Natur-Hammam Europas, wo man schwitzend durch den Berg wandeln kann: 150 Meter tief ist das Vaporarium in den Fels gebaut, in Gängen setzt der Thermalwassernebel eine wohltuende Wärme von 38 bis 42 Grad Celsius frei.

Als Unterkunft bieten sich die feudalen wie nostalgischen Villen dicht am Thermenviertel an, wo man Zimmer mit Frühstück mieten kann. Beste Aussichten bietet das „Grand Hotel“, das seit 1922 in 1804 Meter Höhe residiert: ein Traumpanorama auf das Maladeta-Massiv, das gekrönt wird vom 3404 Meter hohen Pico de Aneto, Spaniens dritthöchstem Gipfel.

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Hinauf zum Balkon der Pyrenäen führt eine kurvenreiche Zufahrtsstraße, die an einem Großparkplatz endet. Für Wintersportler geht es mit einer Gondel weiter, die in acht Minuten nach Luchon-Superbagnères schwebt, dem kleinen, feinen Skigebiet des Kurortes mit 15 Liften und 32 Pistenkilometern.

Die Abfahrten sind nicht allzu anspruchsvoll, ideal für Anfänger und Genuss-Skifahrer. Freestyler toben sich im Snowpark aus, auch Freerider finden passende Hänge. Zudem gibt es eine Höhenloipe auf etwa 1855 Meter.

Tagespass für das Skigebiet über luchon-superbagneres.com

Cauterets: Klein-Kanada – für Langlauf perfekt

Die Kulissen von Bagnères kann nur Cauterets übertreffen, das Belle-Époque-Kurbad zu Füßen von „Le Petit Canada“. Dieses Klein-Kanada ist das Reich der Langläufer und Schneeschuhwanderer am Pont d’Espagne. 37 Kilometer gespurter Loipen von anderthalb bis zwölf Kilometer Länge folgen dort in 1500 Meter Höhe dem Lauf der Gave, die gemeinsam mit Schmelzwasser und unterirdischen Zuflüssen den Lac de Gaube bildet.

Auf der glatten Eisfläche des Bergsees spiegelt sich der Vignemale, mit 3298 Metern höchster Gipfel der französischen Pyrenäen. Eisrinnen, Schluchten und Gletscher durchbrechen die Steilwand. Das Gebiet für Ski alpin heißt Cirque du Lys und gilt als sehr schneesicher, oft dauert hier die Saison in den Pyrenäen am längsten.

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Cauterets hat Tradition, hier wird seit Jahrhunderten gekurt. In der César-Therme lässt bis zu 60 Grad heißer Schwefel-Schlamm die Kurgäste schwitzen. Auch die Bains du Rocher, einst ein Kindersanatorium, ist heute ein Wellnesstempel vom Feinsten: mit Steinwänden aus schneeweißen Kieseln und Jademosaik auf dem Fußboden. Jet-Strahl-Duschen vertreiben erste Ansätze von Muskelkater. Das Planschen im 38 Grad warmen Außenbecken entspannt wunderbar.

Den schwefligen Geschmack, den man nach dem Besuch der Bäder vielleicht noch auf der Zunge hat, kann man sich mit Berlingots vertreiben; das sind kleine, bunte Bonbons, die sechs Bonbonkochereien nach alten Rezepten fertigen.

In der Confiserie Marinette können Kunden dabei auch zusehen, wie Bonbonkocher Eric Millet Wasser, Zucker, Sirup und Glukose zu einer zähflüssigen Masse verrührt, mit Honig, Minze oder Karamell abschmeckt, abkühlen lässt und in Würfel hackt. Fertig ist die Süßigkeit, die sich auch hervorragend als Souvenir eignet.

Tagespass für das Skigebiet über cauterets.com

Strom, Wasser, Umwelt – So schädlich ist Kunstschnee wirklich

Um im bayerischen Wintersportgebiet Oberammergau Skifahren zu können, kommen Schneekanonen zum Einsatz. Doch wie kommt der Kunstschnee auf die Piste? Und wie klimaschädlich ist das? Wir waren vor Ort und haben uns das genauer angeschaut.

Tipps und Infos für die Pyrenäen

Anreise: Zum Beispiel von Berlin nonstop mit Ryanair oder Easyjet, ab Frankfurt und München mit Lufthansa ohne Zwischenstopp nach Toulouse, weiter mit dem Mietwagen oder Shuttle der Skiorte.

Unterkunft: In Saint-Lary-Soulan: „Mercure Sensoria Hotel“, in Liftnähe mit Therme und Spa (mercuresensoria.com). In Ax-les-Thermes: „Le Chalet“ mit lokalen Spezialitäten (le-chalet.fr). In Luchon-de-Bagnères: „Castel de la Pique“, Belle-Époque-Villa mit nostalgischen Zimmern (castel-pique.fr).

Weitere Infos: lespyrenees.net

Dieser Text ist aus der WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.

WELT AM SONNTAG vom 2. Februar 2020

Quelle: WELT AM SONNTAG

Dieser Artikel wurde erstmals im Februar 2020 online veröffentlicht.

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