Ex-Premier Johnson tritt als Abgeordneter zurück

Boris Johnson

Illegale Partys während des Lockdowns kosten den Ex-Premierminister nun seine politische Karriere.

(Foto: AP)

London Der frühere britische Premierminister Boris Johnson gibt sein Mandat als Parlamentsabgeordneter mit sofortiger Wirkung auf. Der Tory-Politiker reagiert damit auf einen Untersuchungsbericht des sogenannten Privileges Committees, in dem ihm offenbar vorgeworfen wird, das Parlament über Verstöße gegen die Corona-Regeln am Regierungssitz 10 Downing Street verstoßen zu haben. Der Bericht ist noch nicht veröffentlicht, wurde Johnson aber vorab zur Verfügung gestellt.

Johnson kommt mit seinem Rücktritt einer möglichen zeitweisen Suspendierung vom Parlament zuvor. Er nutzte die Gelegenheit zu einer scharfen Abrechnung mit dem Untersuchungsausschuss: „Ich bin seit 2001 Mitglied des Parlaments. Ich nehme meine Verantwortung ernst. Ich habe nicht gelogen, und ich glaube, dass der Ausschuss das in seinem Herzen weiß“, schrieb der 58jährige. Die Mitglieder des Untersuchungsausschuss hätten „sich absichtlich dafür entschieden, die Wahrheit zu ignorieren, weil es von Anfang an nicht ihr Ziel war, die Wahrheit herauszufinden“. Das Ziel sei von Anfang an gewesen, ihn ungeachtet der Fakten für schuldig zu erklären.

Johnson hatte gegenüber dem Unterhaus behauptet, dass ihm keinerlei Verstöße gegen die Corona-Regeln am Regierungssitz während der Pandemie bekannt oder bewusst gewesen seien. Zahlreiche Fotos von Partys in 10 Downing Street während des Lockdowns, auf denen auch der damalige Premier zu sehen ist, hatten jedoch für Zweifel an seinen Aussagen selbst bei seinen konservativen Parteifreunden gesorgt. Wegen der Teilnahme an seiner Geburtstagsparty hatte Johnson zudem eine Geldstrafe von der Londoner Polizei erhalten. Die unter dem Namen „Partygate“ bekannt gewordene Affäre führte im vergangenen Sommer zum Rücktritt von Johnson als Premierminister.

Durch seinen Rücktritt kommt es jetzt in seinem Wahlkreis Uxbridge and South Ruislip im Nordwesten von London zu einer Nachwahl. Die regierenden Konservativen von Premierminister Rishi Sunak verfügen dort nur über eine knappe Mehrheit von gut 7.000 Stimmen. Die oppositionelle Labour Partei, die landesweit in den Umfragen etwa 14 Prozentpunkte vor den Tories liegt, dürfte deshalb versuchen, diesen Sitz gezielt zu erobern. Am Freitag war bereits die Johnson-Vertraute Nadine Dorries von ihrem Unterhaussitz zurückgetreten, was zu einer weiteren Nachwahl führt.

Johnson nutzte seinen Rückzug auch zu einer Attacke auf die Politik seines Nach-Nachfolgers Sunak. „Warum haben wir die Aussicht auf ein Freihandelsabkommen mit den USA so passiv aufgegeben?“, schrieb er, nachdem Sunak gerade aus Washington zurückgekehrt ist, ohne ein Freihandelsabkommen im Gepäck. „Wir müssen das Wahlkampfprogramm von 2019 umsetzen, das von 14 Millionen Menschen unterstützt wurde. Wir sollten uns daran erinnern, dass mehr als 17 Millionen für den Brexit gestimmt haben“, schrieb der Ex-Premier.

Seine Partei dürfe keine Angst davor haben, eine wirklich konservative Regierung zu sein. Er sei sehr traurig, das Parlament zu verlassen – „zumindest für den Moment“ . Das deutet daraufhin, dass Johnson sich die Möglichkeit offenhält, in die aktive Politik zurückzukehren.

Mehr: Boris Johnson nutzt Steuergeld für „Partygate“-Verteidigung

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