Drei Deutsche unter den Todesopfern des Busunglücks

Nach dem Busunglück in Mestre bei Venedig mit 21 Toten und 15 zum Teil schwer Verletzten vom Dienstagabend dauern die Ermittlungen der Unfallursache an. Zudem entbrannte eine politische Debatte über die marode Infrastruktur des Landes und über eine möglicherweise erhöhte Brandgefahr bei Unfällen mit Elektrofahrzeugen.

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Am Mittwochabend gaben die Behörden bekannt, dass alle Todesopfer sowie 13 Verletzte identifiziert werden konnten. Danach starben bei der Katastrophe neun Ukrainer, vier Rumänen, drei Deutsche, zwei Portugiesen, eine Kroatin, ein Südafrikaner sowie der italienische Fahrer des Busses. Unter den Verletzten waren fünf Ukrainer, zwei Spanier, ein Kroate und ein Franzose.

„Weitere fünf deutsche Staatsangehörige wurden verletzt und befinden sich in medizinischer Behandlung“, hieß es am späten Donnerstagnachmittag aus dem Auswärtigen Amt. „Das Deutsche Generalkonsulat in Mailand und die Deutsche Botschaft in Rom stehen in engem Kontakt mit den Angehörigen und den örtlichen Behörden.“ Zuvor hatten bereits italienische Behörden drei tote Deutsche gemeldet. Eine offizielle Bestätigung aus Deutschland hatte es dafür zunächst nicht gegeben.

Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen, wie der Bus über die Brücke kippt

Der schwer verletzte Kroate Marco B. ist der Ehemann der bei dem Unfall getöteten Antonela P.. Das Paar aus Split hatte seine Hochzeitsreise nach Venedig unternommen, die 20 Jahre alte Ehefrau war im sechsten Monat schwanger. Von den 15 Verletzten befanden sich am Mittwochabend noch zehn in intensivmedizinischer Behandlung.

Nach Erkenntnissen der Ermittler geriet der Elektrobus des chinesischen Herstellers Ytong etwa 50 Meter vor der Stelle des Absturzes von der Brücke an die rechte Leitplanke. Die stark verrostete Leitplanke in Kniehöhe wies an der Unglücksstelle eine etwa anderthalb Meter breite Lücke auf, bei der es sich nach Angaben der Stadtverwaltung von Venedig um einen Zugang für Wartungsarbeiten handelte.

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Nachdem der Bus offenbar ungebremst rund 50 Meter an der Leitplanke entlanggeschrammt war, verhakte er sich offenkundig in der Lücke der Leitplanke, durchbrach das unmittelbar am Brückenrand angebrachte Geländer und stürzte rund zehn Meter in die Tiefe.

Dreh auf das Dach verheerend

Der Umstand, dass der rund 13 Tonnen schwere Bus sich beim Sturz von der Brücke auf das Dach drehte und beim Aufprall auf weniger als die Hälfte seiner ursprünglichen Höhe von drei Metern zusammengedrückt wurde sowie das wenig später ausgebrochene Feuer gilt als wesentliche Ursache für die hohe Opferzahl. Die Ermittler erhoffen sich weitere Erkenntnisse von der Auswertung des Fahrtenschreibers sowie von Aufnahmen einer in dem Bus installierten Kamera.

Nach der Kamera wurde in dem auf ein nahegelegenes Fabrikgelände verbrachten Buswrack noch gesucht. Die am Mittwoch veröffentlichten Aufnahmen von einer fest installierten Überwachungskamera lassen nur erkennen, dass sich der Bus mit langsamer Geschwindigkeit auf der stark befahrenen Brückenüberführung bewegt, ruckartig zum Stehen kommt und schließlich von der Brücke kippt. Das Unglücksfahrzeug ist von einem Bus auf der Linksabbiegerspur der Brücke fast vollständig verdeckt. Nach Angaben der Ermittler gab es vor dem Sturz des Busses von der Brücke keine Kollision mit einem anderen Fahrzeug.

Italienischer Verkehrsminister Salvini äußert sich

Das Unglück hat die Debatte über den schlechten Zustand der Infrastruktur in Italien neu befeuert. An dem Geländer der rund 70 Jahre alten Brücke in Mestre sollen seit den Sechzigerjahren keine Wartungsarbeiten mehr vorgenommen worden sein. Fachleute wiesen zudem darauf hin, dass die Leitplanke zu schwach und vor allem zu niedrig gewesen sei.

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Am 28. Juli 2013 hatte auf der Autobahn A16 bei Monteforte Irpino in der süditalienischen Region Kampanien ein Reisebus die Leitplanke durchbrochen und war in einen Abgrund gestürzt. Bei dem Unglück starben damals 40 Menschen. „Viele unserer Straßen und Autobahnen sind noch immer unzureichend geschützt. Auf vielen Verkehrsadern sind Leitplanken und Schutzvorrichtungen veraltet“, sagte Alfonso Montella, Professor für Straßen, Eisenbahnen und Flughäfen an der Fakultät für Bauingenieurwesen der Universität Federico II. in Neapel.

Unterdessen rief Verkehrsminister Matteo Salvini die angeblich erhöhte Brandgefahr von Elektrofahrzeugen bei Unfällen hin. Feuerwehrleute hätten darauf hingewiesen, dass elektrisch betriebene Fahrzeuge bei Unfällen rascher in Brand gerieten als Fahrzeuge mit Verbrennermotor, sagte Salvini dem Sender Sky. Ob dies bei dem Unfall von Mestre eine Rolle gespielt habe, müssten die Sachverständigen herausfinden. „Aber man sollte nochmals innehalten statt weiter dem Ruf nach fast vollständiger Umstellung des Autoverkehrs auf Elektroantrieb zu folgen“, sagte der Minister.

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