Im Havelland gibt‘s Fontane, Birnen – und Kondome
Die Schönheit des Havellands wusste schon Theodor Fontane zu schätzen. Weniger poetisch als seine Schilderungen ist der neue Slogan der Region: „Komm doch mal im Havelland.“ Dazu gibt es Kondome mit schlüpfrigen Sprüchen für die Gäste. Peinlich? Das sieht man hier nicht so.
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verantwortliche Redakteurin Reise/Stil/Motor
Das Havelland hat es eigentlich nicht nötig, mit schlüpfrigen Altherrenwitzen um Aufmerksamkeit zu heischen. Die Region am namensgebenden Fluss ist weltberühmt, sie steht für Natur und Hochkultur, mit Flussniederungen und Auen, Seen und Wäldern, Schlössern und Havelstädten im Westen Brandenburgs. Hier verbrachten Einstein (Caputh), die preußische Prinzessin Luise (Schloss Paretz), auch Kleist und E.T.A. Hoffmann (Schloss Nennhausen) ihre Sommerfrische.
Und genau hier wanderte Theodor Fontane umher und schrieb vor 135 Jahren die wunderbare Ballade über Herrn Ribbeck von Ribbeck im Havelland und seinen Birnbaum, die seit Generationen jeder Grundschüler kennt. Heute sind Urlauber unterwegs auf den Spuren des Dichters, es gibt einen Fontane-Radweg, einen Birnengarten in Ribbeck, und auf der Havel wird wie damals gepaddelt und an den Ufern gepicknickt.
„Es spiegeln sich in deinem Strome Wahrzeichen, Burgen, Schlösser, Dome“, schrieb der Dichter 1861 über das Havelland. Weniger poetisch ist der neue Tourismusslogan der Region: „Komm doch mal im Havelland.“ Diesen Schenkelklopfer hat sich der – übrigens im ehrwürdigen Schloss Ribbeck residierende – Tourismusverband Havelland ausgedacht.
Damit auch jeder begreift, dass es in der Gegend richtig zur Sache geht, hat der Verband tausende Kondome geordert. Und jede Verpackung ist, Zwinker-Zwinker, mit einem „humorvollen“ Spruch bedruckt, um „die Vielfalt und Leidenschaft des Havellandes“ zu unterstreichen.
Beispiele gefällig? Auf dem einen Kondom steht: „Die dunkelsten Orte entdecken? Komm doch mal im Havelland.“ Auf dem nächsten: „Das größte Feuchtgebiet Mitteleuropas? Komm doch mal im Havelland.“ Ein Sechserpack kostet sechs Euro, Hotels und Pensionen bekommen Großkundenrabatt.
Kondome als Betthupferl für Gäste im Havelland
Die Idee dahinter: Kondome statt Süßigkeiten sollen als Betthupferl auf die Gästebetten platziert werden, um nach Angaben der Tourismusverbandes „Schmunzeln“ hervorzurufen und „eine tiefere Botschaft“ zu vermitteln. Ob das anzüglich oder übergriffig gemeint ist, hat der Verband bisher nicht mitgeteilt.
Damit nicht genug: Auf jeder Kondomverpackung prangt ein QR-Code mit Reisetipps. Das ist freilich nicht nur naiv, sondern realitätsfern: Wer bei einem Rendezvous damit beschäftigt ist, ein Kondom aus der Verpackung zu pulen, wird wohl kaum einen QR-Code scannen und über die Leidenschaft des Havellandes fabulieren.
Das Havelland ist nicht die einzige Region, die nach dem Konzept „Sex sells“ um Beachtung mit Sabbereffekt buhlt. So warb Borkum mit „Vögelurlaub“ für Zugvogel-Wanderungen und das Ferienland Schwarzwald mit „Großen Bergen, feuchten Tälern“, dazu wurde eine nackte Frauensilhouette platziert. Der dumpfe Slogan wurde freilich rasch zurückgezogen.
Im Havelland aber ist man sich keiner Peinlichkeit bewusst. Wie sagte Fontane: „Gegen eine Dummheit, die gerade in Mode ist, kommt keine Klugheit auf.“