Anleger werden optimistischer – Doch es fehlt das Geld für weitere Käufe

Bulle und Bär

Laut Sentimenttheorie ist die Anlegerstimmung ein Kontraindikator für die weitere Entwicklung an den Märkten.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Die vergangenen Handelstage sind für Anlegerinnen und Anleger am deutschen Aktienmarkt einer Achterbahnfahrt gleichgekommen: Am Mittwoch fiel der deutsche Leitindex Dax noch unter die Marke von 15.600 Punkten, zwei Tage später notierte er schon wieder bei fast 16.000 Punkten.

Dadurch hat sich die Stimmung am Aktienmarkt deutlich aufgehellt, wie die Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment unter mehr als 8000 Privatanlegerinnen und -anlegern zeigt. Im Wochenvergleich verbesserte sich die Stimmung so stark wie zuletzt Ende Juni.

Sentiment-Experte Stephan Heibel, der die wöchentliche Umfrage für das Handelsblatt auswertet und um weitere Indikatoren ergänzt, würde das aber nicht als Kaufsignal interpretieren. Für ihn ist zunächst eine Fortsetzung der aktuellen Seitwärtsbewegung das wahrscheinlichste Szenario.

Auslöser für den aktuellen Stimmungsumschwung war der Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese erhöhte zwar den Leitzins ein weiteres Mal, signalisierte aber, dass es vorerst der letzte Schritt gewesen sein könnte.

>> Lesen Sie dazu: EZB erhöht die Zinsen weiter – nun ist der Gipfel in Sicht

Dadurch verbesserte sich die Einschätzung der aktuellen Börsenlage unter den Privatanlegern von minus 3,3 Punkten auf plus 1,3 Punkte. Parallel dazu ist auch die große Verunsicherung verflogen.

Der dazugehörige Wert stieg von minus 3,2 auf plus 0,1 Punkte und liegt damit im neutralen Bereich. „Mangels Richtungsentscheidung sind unsere Umfrageteilnehmer zwar erleichtert, dass die untere Unterstützung gehalten hat. Doch wirklich zufrieden mit ihren Aktienpositionierungen sind sie noch nicht“, analysiert Heibel.

Die Zukunftserwartung ist dagegen sehr optimistisch. Sie bleibt mit 4,0 Punkten auf einem hohen Niveau. Rund die Hälfte der Umfrageteilnehmer erwartet in drei Monaten steigende Kurse, nachdem sich der Dax seit April seitwärts bewegt.

„Die Richtungsentscheidung, die noch nicht gefallen ist, wird nach Ansicht der meisten Anleger gen Norden ausfallen“, leitet Heibel daraus ab.

Dementsprechend hoch ist auch die Investitionsbereitschaft. Sie liegt aktuell bei 2,6 Punkten – höher war sie zuletzt Mitte Oktober des vergangenen Jahres. In der folgenden Woche stieg der Dax um 2,4 Prozent.

Dieser wachsende Optimismus zeigt sich auch im Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart, an der Privatanleger handeln. Es zeigt an, wie Privatanleger die Entwicklung des Dax einschätzen. Ist der Wert des Index positiv, setzt die Mehrheit der Anleger auf einen steigenden Markt. Ein negativer Wert bedeutet hingegen, dass Anleger eher von fallenden Kursen ausgehen.

Aktuell pendelt das Euwax-Sentiment um die Nulllinie. Während der Dax-Rally in der ersten Jahreshälfte wurden Absicherungspositionen aufgebaut, die während des Sommers aber reduziert wurden. „Nun warten Anleger leicht bullish positioniert auf eine Richtungsentscheidung“, beobachtet Heibel.

Cash-Quote nur viermal niedriger

Eine sich verbessernde Stimmung bei gleichzeitig steigender Kaufbereitschaft: Das klingt zunächst konstruktiv und könnte für steigende Kurse sprechen. Doch Heibel sieht hier ein Problem: Den Anlegern könnte das Geld für weitere Käufe fehlen.

Er bezieht sich dabei auf die Bargeldquote der Anleger, die Heibel in einer Umfrage seines Analysehauses AnimusX zusätzlich erhebt. Nur viermal saßen dabei die Umfrageteilnehmer hierzulande in den vergangenen 16 Jahren demnach auf weniger Cash als heute. Das war einmal im Jahr 2013 der Fall und dreimal im Jahr 2021.

Das deckt sich in der Tendenz mit den Ergebnissen der monatlichen Fondsmanagerumfrage der Bank of America. Demnach haben die institutionellen Anleger aus Europa zuletzt ihre Cash-Quote von 4,9 auf 4,3 Prozent gesenkt. Zu Hochzeiten lag diese bei mehr als 6,0 Prozent. Sie haben also bereits über einen Großteil ihres freien Geldes verfügt.

Diagramm

„Es gibt kaum noch Cash, mit dem weitere Aktien gekauft werden könnten“, erklärt Heibel, der den Börsenbrief „Heibel-Ticker“ herausgibt. „Ein Impuls müsste aus dem Ausland kommen, doch auch der ist aufgrund der ungewissen wirtschaftlichen Entwicklung im Euro-Land eher unwahrscheinlich.“

Er hält daher eine Fortsetzung der aktuellen Seitwärtsbewegung im Dax für das wahrscheinlichste Szenario. Das war auch bei den vorangegangenen vier Fällen mit hohen Investitionsquoten der Fall.

Sie wollen an der Umfrage teilnehmen? Dann lassen Sie sich automatisch über den Start der Sentimentumfrage informieren, und melden Sie sich für den Dax-Sentiment-Newsletter an. Die Umfrage startet jeden Freitagmorgen und endet Sonntagmittag.

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