200 Merkava-Panzer für die Ukraine – warum der Tank aus Israel so wichtig ist

Israel will erstmals eigene Panzer vom Typ Merkava exportieren. Wegen einer besonderen Eigenschaft gilt der Merkava bei einigen Experten als bester Panzer der Welt. Viel spricht dafür, dass diese schweren Kampfpanzer in der Ukraine landen.

Zum ersten Mal in seiner Geschichte will Israel seinen Kampfpanzer Merkava verkaufen. Das ist kein bloßes Gerücht. Das israelische Verteidigungsministerium hat erklärt, dass es “fortgeschrittene Verhandlungen” über den Verkauf von Merkava MK ll und MK lll gibt. Und zwar gleich mit zwei Ländern, die die Israelis allerdings nicht namentlich nennen wollten. Bekannt wurde nur, dass eines davon in Europa liegt.

Kommt der Deal zustande, könnte schnell geliefert werden. Israel hat mehr als 1000 Modelle dieser Typen in einer Art von Magazin-Reserve. Auch wenn es nicht gesagt wurde, deutet vieles darauf hin, dass die Panzer für die Ukraine gedacht sind. Um eine moderne Armee für die Zukunft fit zu machen, sind die Panzer zu alt. Für die Armee eines Dritt-Welt-Staates sind schwere Kampfpanzer wie der Merkava eigentlich ungeeignet.

Verlustreiche Kämpfe

Die Ukraine benötigt die Panzer hingegen dringend, so wie auch die Bestände an eigentlich überholten deutschen Panzern vom Typ Leopard 1. Der bisherige Verlauf der ukrainischen Bodenoperationen hat deutlich gemacht, dass die ukrainischen Streitkräfte erhebliche Verluste an gepanzerten Fahrzeugen erleiden. Die Vorstellungen, dass die West-Panzer quasi unzerstörbar seien und sie die Russen geradezu aus deren Stellung jagen werden, verflog innerhalb weniger Tage. Bislang setzt die Ukraine nur einen Teil des Militärs ein. 70 Prozent der Armee würden für den großen Schlag zurückgehalten, heißt es. Wenn dieser Schlag erfolgt, werden auch die Verluste in die Höhe steigen. Selbst wenn die Offensive am Ende ein Erfolg wird, ist nicht damit zu rechnen, dass dann der Krieg zu einem Ende kommt. Kurzum: Spätestens im Herbst muss die Ausrüstung der ukrainischen Verbände neu aufgefüllt werden. Der Westen muss also erneut Hunderte von Kampfpanzern, Schützenpanzer und Artilleriegeschützen bereitstellen. In dieser Perspektive sind die israelischen Reservebestände von mehr als 1000 Kampfpanzern sehr verlockend.

Vor allem sicher

Dazu kommt das einzigartige Design des Merkava. Die Panzer der Merkava Baureihe werden seit 1978 produziert. Inzwischen ist die vierte Generation im Dienst, die fünfte angekündigt. Zwischen den großen Sprüngen I, II, III und IV gibt es Modernisierungen in der laufenden Produktion und unterschiedliche Modernisierungen. Vom Merkava gibt es beinahe so viele Abstufungen wie vom Leopard 2.

Doch alle teilen einige Besonderheiten. Vom Start weg zählte der Merkava mit 62 Tonnen zu den schwersten Kampfpanzern der Welt. Dazu waren die Baureihen I und II stark untermotorisiert und die Reihe III mit 1200 PS ist auch nicht übermäßig kräftig. Baureihe II ist noch mit einer Kampfwagenkanone im Kaliber 105 Millimeter ausgestattet.

Eine Lizenz der britischen L7-Zugrohrkanone M68, sie galt damals als die beste Kanone der Welt. Heute ist sie veraltet. Der Merkava II wird wie der Leopard I die Frontpanzerung der neueren russischen Panzer nicht durchbrechen können. Der Mk III bekam eine 120-mm-Glattrohrkanone L44 aus israelischer Entwicklung.

Bei der ganzen Baureihe wurde mehr Wert auf den Schutz der Besatzung gelegt als bei anderen Panzern. Das zeigt schon das Grunddesign. Beim Merkava sitzt der Block des Motors vorn, die Besatzung wird durch ein Schott hinter dem Motor geschützt. So soll sie eine Überlebenschance auch beim Treffer durch die Frontpanzerung bekommen. Alle Merkava-Panzer haben einen verstärkten Minenschutz, die älteren allerdings auf dem Niveau ihrer Zeit.

Die Besatzung sitzt im Turm. Hinter ihnen ist die Munition untergebracht. Als weitere Besonderheit gibt es eine große Luke im Heck. Das ganze Konzept – Motor vorn, Luke hinten – erinnert an einen Schützenpanzer.

Einziger Panzer mit langer Erfahrung im Gefecht

Der Merkava kann weitere Schützen aufnehmen. Sie können den Panzer durch das Schott aus dem Heck betreten und verlassen. Verwundete können so vom Panzer aufgenommen werden. Die eigene Besatzung kann sich durch den “Hinterausgang” in Sicherheit bringen und muss sich nicht durch die exponierte Luke an der Oberseite zwingen. Die Heckluke dient vor allem der schnellen Aufmunitionierung des Panzers auf dem Gefechtsfeld. Bei allen anderen Kampfpanzern muss die Munition umständlich durch die engen Luken in der Oberseite in den Panzer gebracht werden.

Dazu gibt es unzählige kleine Innovationen, die dem Schutz der Besatzung dienen. Israels Streitkräfte stehen ununterbrochen im Einsatz, so gewinnen die Israelis mehr Erkenntnisse über die wirklichen Gefährdungen der Besatzung als eine Friedensarmee.

Das hohe Schutzniveau ist gerade für die Ukraine ein verlockendes Konzept. Da der Verlust von Panzern in diesen Kämpfen nicht zu vermeiden ist, wird es umso wichtiger, die Besatzung zu bewahren. Allerdings gibt es auch Probleme: Ursprünglich wurde der Merkava für den Panzerkampf in der Wüste entwickelt. Sein Konzept geht davon aus, dass der Panzer dem Feind die Stirn, die Frontseite bietet. In den unübersichtlichen Gefechtslagen in der Ukraine ist das häufig nicht der Fall.

Wenig verwunderlich ist dagegen, dass der MK III der zweiten Baureihe weit überlegen ist. Der Motor ist stärker, der III verfügt über eine leistungsfähigere Kompositpanzerung und ein besseres Feuerleitsystem. Wenn der Endabnehmer die Ukraine ist, wäre der Kauf des III vorzuziehen. Aus Israels Sicht sieht es genau umgekehrt aus, die israelischen Streitkräfte würden sicher lieber auf das ältere Modell verzichten. Für den Merkava spricht das Schutzkonzept und die große Zahl, die zumindest theoretisch verfügbar ist. Gegen ihn, dass zumindest die Reihe II in der Rolle als Duellpanzer veraltet ist. Auch das hohe Gewicht bei überschaubarer Leistung des Motors ist angesichts der Bodenverhältnisse in der Ukraine kein Vorzug.

Jeder Panzer zählt

Kiew und die Unterstützer im Westen sind heute nicht in der Situation, besonders “picky” zu sein. In den letzten Tagen hat sich gezeigt, dass Systeme, die frontnah eingesetzt werden, auch verloren gehen. Und das in einem größeren Maßstab erwartet, denn die russische Gegenwehr ist weit clevere und zäher als angenommen. Die unausweichlichen Verluste können daher weder aus der westlichen Neuproduktion noch aus dem aktiven Bestand der Armeen ersetzt werden.

Also muss man versuchen, weltweit die Magazin-Bestände aufzukaufen, die Geräte fit zu machen, um sie dann in die Ukraine zu schicken. Dazu passen die Anstrengungen,  die Schweiz zu einer Art Leopard-2-Ringtausch zu überreden und auch der Versuch von Jordanien über 60 Gepard-Flakpanzer zu erwerben. Und  natürlich sind auch die großen Bestände an älteren Leopard-2-Panzern von Türkei und Griechenland interessant.

Dass diese Panzer allesamt nicht auf dem neuesten Stand der Technik sind, mag richtig sein, es spielt aber keine Rolle. Auch Russland schickt ältere Panzer ins Gefecht. Die ursprüngliche Idee bei Entwicklung aller Kampfpanzer, dass gepanzerte Truppen sich in einem beweglichen Gefecht begegnen, hat es im Ukrainekrieg bislang noch gar nicht gegeben. Und auch ältere Modelle können als eine Art “Sturmgeschütz” die Infanterie unterstützen. Die Hauptgefahren, die den Panzern in diesen Kämpfen drohen, heißen Minen, Artillerietreffer, Kamikazedrohnen und Ähnliches. Sie sind große Gleichmacher und setzen modernen Panzern fast genauso zu wie den älteren Modellen.

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