USA und Großbritannien stärken Wirtschaftskooperation – Sunak will ersten KI-Weltgipfel ausrichten

Washington US-Präsident Joe Biden und der britische Premier Rishi Sunak haben ein Abkommen für eine transatlantische Wirtschaftskooperation angekündigt. Eine „Atlantische Erklärung“, die Washington und London am Donnerstag veröffentlichten, enthält eine Reihe gemeinsamer Absichten für den Tech-Sektor und andere Branchen.

Grundsätzlich wollen die USA und Großbritannien an robusten Lieferketten arbeiten, bei Zukunftstechnologien „eine Führungsrolle“ übernehmen und gezielter in die Industrie des jeweils anderen Landes investieren. „Kein Land ist uns näher“, sagte Biden bei einem Auftritt im Weißen Haus. Sunak lobte das „unerschütterliche Fundament“ der Beziehungen und sprach den fast doppelt so alte US-Präsidenten mit seinem Vornamen Joe an.

Beide bekräftigten das Ziel, strategische Abhängigkeiten zu verringern, vor allem von China. „Länder wie China und Russland sind bereit, unsere offenen Märkte zu manipulieren und auszunutzen, unser geistiges Eigentum zu stehlen, Technologie für autoritäre Zwecke einzusetzen oder uns wichtige Ressourcen wie Energie zu entziehen“, sagte Sunak, als er neben Biden im Weißen Haus stand. „Das wird ihnen nicht gelingen.“

Ein umfassender Handelspakt mit den USA, wie ihn Großbritannien seit dem Austritt aus der Europäischen Union anstrebt, ist das Abkommen zwar nicht. Dennoch kann der Deal als weiterer Schritt gewertet werden, dass Großbritannien eigene, von der EU unabhängige Wirtschaftsbeziehungen mit den USA verfolgt. Auch signalisiert das Abkommen, dass sich Großbritannien in Teilen den protektionistischen Tendenzen der USA anschließen könnte.

Denn laut der Erklärung sollen britische Unternehmen aus den Branchen Ökoenergie, Gesundheit oder Verteidigung Zugang zu US-Märkten bekommen und milliardenschwere US-Subventionen aus dem umstrittenen Inflation Reduction Act (IRA) in Anspruch nehmen können.

Großbritannien will ersten KI-Weltgipfel ausrichten

Dass der globale Trend zu eng begrenzten Wirtschaftsabkommen geht, zeigt sich am Beispiel kritischer Mineralien: Die Briten und die Amerikaner haben auch im Bereich Rohstoffe eine stärkere Zusammenarbeit vereinbart. Parallel verfolgen die USA solche Bemühungen schon mit anderen Handelspartnern. So haben sie ein Rohstoff-Abkommen mit Japan abgeschlossen und loten einen transatlantischen Rohstoff-Deal mit der EU aus.

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Auch beim Thema Künstliche Intelligenz will Großbritannien einen von der EU getrennten Weg gehen. Das Land ist nicht Mitglied im Transatlantischen Rat für Handel und Technologie (TTC), in dem Washington und Brüssel über KI-Richtlinien verhandeln.

Sunak wollte seinen Besuch in Washington nutzen, um Biden für seine Ideen einer globalen KI-Regulierung zu gewinnen. Diese, so hoffen die Briten,könnte von London aus gesteuert werden. Allerdings blieb unklar, ob der britische Premier damit erfolgreich war, die gemeinsame Erklärung blieb in dieser Hinsicht vage. Im Herbst, hieß es darin, solle Großbritannien den ersten globalen KI-Gipfel ausrichten, der „wichtige Länder, führende Technologieunternehmen und Forscher zusammenbringt“.

Sunak warnte im Weißen Haus vor den Risiken von KI. „Wir müssen die gleiche Dringlichkeit an den Tag legen wie beim Klimawandel“, sagte er, die Veränderungen durch neue Technologien seien rasant.

Ben Wallace

Der britische Verteidigungsminister wird als möglicher Kandidat für das Amt des Nato-Generalsekretärs gehandelt.

(Foto: Reuters)

Am Rande des Besuchs schloss US-Präsident Biden nicht aus, dass der nächste Nato-Generalsekretär womöglich aus Großbritannien kommen könnte. „Vielleicht“, sagte Biden auf die Frage eines Reporters, ob der britische Verteidigungsministers Ben Wallace in Frage komme. „Er ist eine sehr qualifizierte Person“.

Die Wahl des Nachfolgers von Jens Stoltenberg müsse aber nach Nato-Richtlinien erfolgen und könne nicht von ihm entschieden werden. Frankreich bevorzugt einen Kandidaten der EU, im Rennen ist neben Wallace Dänemarks Premierministerin Mette Fredriksen. Die Dänin war vor drei Tagen von Biden im Weißen Haus empfangen worden.

Neuer Streit um Ukraine-Hilfen

Sunak und Biden bekräftigen ihre langfristige Unterstützung für die Ukraine. „Wir gehen nirgendwo hin“, sagte der britische Premier. „Einige haben sich gefragt, was für ein Partner Großbritannien nach dem Austritt aus der EU sein würde. Ich sage, wir sollten uns an unseren Taten messen lassen“.

Großbritannien gilt als einer der wichtigsten europäischen Partner der USA in der Verteidigung der Ukraine. So unterstützt London zum Beispiel die sogenannte Kampfjet-Koalition, die perspektivisch offen ist für Lieferungen von Kampfflugzeugen in die Ukraine.

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Die tragende Säule der ukrainischen Verteidigung sind aber die USA, die bislang 113 Milliarden US-Dollar an militärischen, humanitären und wirtschaftlichen Hilfen bewilligt haben. Die USA würden „so lange wie nötig“ an der Seite Kiews stehen, selbst wenn es im US-Kongress einige Stimmen gebe, „die darüber diskutieren, ob wir die Ukraine weiterhin unterstützen sollten und wie lange wir sie unterstützen sollten“.

Republikanische Präsidentschaftsbewerber wie Donald Trump wollen die Ukraine-Hilfen abschaffen. Und der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, drohte diese Woche damit, dass die Kammer Sonderpakete für die Ukraine stoppen könnte.

Biden warnte vor einer Blockade: „Was wäre, wenn wir aufhören, Geld und Waffen zu schicken? Würde sich Russland dann einfach zurückziehen aus der Ukraine? Ich glaube nicht“.

US-Ostküste unter Rauchglocke

Sunak brachte Biden zwei Geschenke mit: eine personalisierte Barbour-Jacke und ein Exemplar eines Buches von Bidens Ururgroßvater Christopher Biden aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Er besuchte ein Washington im Ausnahmezustand, denn die US-Hauptstadt und andere Metropolen an der US-Küste befinden sich seit Tagen unter einer Rauchglocke. Verantwortlich dafür sind Schwaden Hunderter Waldbrände im Nachbarland Kanada. Ältere Menschen, Kinder und Personen mit Gesundheitsproblemen sind angehalten, sich in Innenräumen aufzuhalten.

Biden sagte der kanadischen Regierung am Donnerstag zusätzliche Nothilfen zu und bezeichnete die Brände als „deutliches Symptom für die Folgen des Klimawandels“. Die USA haben Hunderte Feuerwehrleute, Hilfskräfte und Brandbekämpfungsmittel nach Kanada geschickt.

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