Santu Mofokeng Fotos von Südafrika in Köln

Südafrika ist das Land, über dem die Sonne ihr Licht in solcher Weise ausgießt, dass die Hügel der Savanne wie von innen heraus leuchten und in den Boulevards der Großstädte die Passanten angestrahlt wirken, als stünden sie im Rampenlicht von Scheinwerfern. Aber davon ist auf den Bildern von Santu Mofokeng kaum etwas zu sehen. Bis zu seinem Tod im Januar 2020 hat sich der Fotograf vielmehr den Ecken und Lebenssituationen Südafrikas gewidmet, in denen es eher düster zugeht. Um die Farbenpracht des Landes war es ihm nie zu tun. Umso mehr um den Konflikt zwischen Schwarz und Weiß.

Freddie Langer

Redakteur im Feuilleton, zuständig für das „Reiseblatt“.

Geboren 1956 in Johannesburg, mit vier Jahren Halbwaise und aufgewachsen im einige Jahre später gegründeten Township Soweto, waren ihm die Nöte eines Lebens in Armut nur zu gut vertraut. Über den Umweg einer Stelle als Dunkelkammerassistent bei einer Tageszeitung fand er zur Fotografie, doch obwohl er Zeuge der Auseinandersetzungen während der Zeit der Apartheid wurde, die Repressalien erlebte und die Demonstrationen begleitete, blieb ihm die Karriere als Fotoreporter verwehrt. Er hatte, erklärte er später, kein Auto, nicht einmal einen Führerschein. Bis er die Redaktionen erreichte, hatten andere ihr Bildmaterial dort längst ausgebreitet. So begann er, seine Aufmerksamkeit in Langzeitprojekte zu investieren. Und statt nach den Motiven einzelner, raffinierter Nachrichtenfotos zu suchen, bündelte er seine Aufnahmen fortan zu Bild-Essays, die in Büchern erscheinen sollten – und die später ihren Weg auch an die Wände von Galerien und Museen nahmen, bis hin zum deutschen Pavillon während der Biennale in Venedig.

So chic und fröhlich wie auf den Werbewänden zeigt sich der Alltag in den Townships eher selten.


So chic und fröhlich wie auf den Werbewänden zeigt sich der Alltag in den Townships eher selten.
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Bild: Santu Mofokeng Foundation, mit freundlicher Genehmigung von Lunetta Bartz, Maker, Johannesburg

Begonnen hatte es mit „Train Church“, einer Serie, für die er 1986 Menschen auf dem Weg zur Arbeit begleitete. Stundenlang dauerten die Reisen im Zug von den Townships zu den Fabriken. Und die Pendler nutzten die Zeit, um in den Abteilen solch ekstatische Gottesdienste zu feiern, dass die Fahrt nicht mehr nur Zweck war, sondern bereits selbst ein eigenes Programm.

Braucht, wer hart arbeitet, einen Deo-Stift?


Braucht, wer hart arbeitet, einen Deo-Stift?
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Bild: Santu Mofokeng Foundation, mit freundlicher Genehmigung von Lunetta Bartz, Maker, Johannesburg

Natürlich sind auch Santu Mofokengs Fotografien politisch aufgeladen. Die Mitgliedschaft im Fotografenkollektiv Afrapix, das sich aktiv gegen Rassismus und Ungleichheit einsetzte, war ihm gleichsam moralischer Auftrag. Aber seine Beobachtungen waren subtiler als die der Reporter. Weil er das Gewöhnliche suchte und nicht das Außergewöhnliche, war er dem Alltag näher als die Kollegen. Dass er dabei auf Ungerechtigkeiten stieß und auf soziale Katastrophen, die nicht allein der harschen Politik der Weißen geschuldet waren, führte zu einer visuellen Komplexität, die sich mit den Kategorien Gut und Böse nicht zufriedengeben wollte. Was nicht heißt, dass er sich eines Kommentars enthielt; im Gegenteil. Santu Mofokeng konnte kritisch sein bis an die Grenze des Zynismus. So in der Fotoserie, die er den gewaltigen Reklametafeln in den Townships gewidmet hat – einer Reihe großformatiger Abzüge, die jetzt in der Kölner Galerie Zander zu sehen sind.

Braucht, wer keine Waschmaschine hat, Wäschepulver?


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Bild: Santu Mofokeng Foundation, mit freundlicher Genehmigung von Lunetta Bartz, Maker, Johannesburg

Waren die Plakatwände ursprünglich errichtet worden, um Nachrichten zu verbreiten und den Bewohnern Lebensregeln an die Hand zu geben, vor allem zur Hygiene, denn nichts fürchtete die weiße Bevölkerung mehr als den Ausbruch von Krankheiten und Epidemien, die übergreifen könnten auf ihre Wohnviertel, und später über den Umgang mit Aids, wurden sie noch später für klassische Werbung benutzt. Reklame ebenso für Güter wie für Lebensart – die häufig genug an der Lebenswirklichkeit derer, die damit bombardiert wurden, weit vorbei zielte. Wenn deshalb bei Santu Mofokeng vor der Werbung für einen Deostift eine Frau schwere Last auf dem Kopf balanciert, dann ist das ebenso wenig reine Dokumentation wie das Bild eines Diamanten als Symbol für ewige Demokratie. Er schuf Sittenbilder, in denen sich die Sehnsuchtsmotive der Konsumwelt und die trübe Wirklichkeit wechselseitig kommentieren. Gewidmet der Zerrissenheit der Welt.

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