Bundesliga: Stuttgart holt beim 1:1 in Augsburg wieder einen Punkt – Sport

Als es hinterher um die Deutungen und Einordnungen ging, klangen manche Sätze wie dieses Spiel im Abstiegskampf zwischen Augsburg und Stuttgart am Freitagabend ausgesehen hatte. Ein ziemlich verbissenes 1:1 (1:0) war es gewesen, das zunächst der FCA mit seiner robusten und zielstrebigen Herangehensweise sowie mit Dion Beljos schön herausgespieltem Kopfballtor (8.) geprägt hatte. Später verdiente sich der VfB mit mehr Wehrhaftigkeit und Offensivdrang den Ausgleich durch Wataro Endo (78.), obwohl den meisten Angriffen die Zuspitzung abgegangen war.

“Drei, vier Situationen in der Box” hatte Stuttgarts Trainer Sebastian Hoeneß bei seiner Mannschaft gezählt. Auf die Bezeichnung Torchancen verzichtete er, dieser Begriff wäre ja eine Übertreibung gewesen. Man sei zwar nicht zu mehr Chancen gekommen, erkannte auch Sportdirektor Fabian Wohlgemuth, “aber die Szenen wurden aussichtsreicher”. Selbst Endos Ausgleich entsprang nach einem langen Ball von Tiago Tomás nur bedingt der Kategorie Torchance, sondern vor allem einigen Zufällen. “Er stoppt ihn mit beiden Knien und stolpert ihn dann irgendwie rein”, sagte Augsburgs Trainer Enrico Maaßen über Endos Tor in zwei Anläufen.

Es war, wenn man es positiver formulieren wollte, elegant gestochert, denn wie Endo den Ball zwischen Knien stoppte, war schon auch eine Kunst. Wohlgemuth kreierte die Bezeichnung “Arbeitstor”, und Augsburgs Angreifer Ermedin Demirovic befand: “Ich hatte das Gefühl, dass es die erste richtige Chance ist von Stuttgart, wenn es überhaupt eine Chance war.”

Es wirkt, als habe Hoeneß als Nachfolger von Bruno Labbadia tatsächlich einen neuen Arbeitseifer beim VfB implementiert

Es ist wenig verwunderlich, dass sich Ästheten an diesem Spiel kaum erfreuen konnten. Stattdessen hatte das Publikum exakt das gesehen, was hinter dem Etikett dieses schwäbischen Vergleichs im Tabellenkeller zu erwarten war. Die gute Nachricht für beide Mannschaften war, dass sie sich um zwar klischeebeladene, aber positiv besetzte Tugenden ihres Landstrichs verdient gemacht hatten. Beim FCA haben sie Bescheidenheit und Fleiß als Grundvoraussetzung für ihre alljährliche Versetzung verinnerlicht, es ist ihr Markenkern.

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Beim früheren deutschen Meister VfB mussten sie die Anlehnung ans “schaffe, schaffe, Häusle baue” erst wieder für sich entdecken. Inzwischen aber wirkt es, als habe Hoeneß seit seinem Amtsantritt als Nachfolger von Bruno Labbadia tatsächlich einen neuen Arbeitseifer implementiert. Auch in Stuttgart heißt es nun, wenn man so will: Kämpfe, kämpfe, Punkte sammle.

Das fängt ja gut an für Augsburg: Dion Beljo trifft früh gegen Stuttgart. Zum Sieg reicht das Tor aber nicht.

(Foto: Roger Buerke/Eibner-Pressefoto/Imago)

Drei Kehrwochen lang ist der Sohn des Schwaben Dieter Hoeneß erst im Amt, und mit ihm scheint tatsächlich ein neuer Geist eingezogen zu sein. Auffallend ist ja, dass die Stuttgarter ihre Ergebnisse nun vor allem erkämpfen. Angefangen mit dem 1:0-Sieg beim Zweitligisten Nürnberg im Viertelfinale des DFB-Pokals bei Hoeneß’ Debüt. Danach folgten der 3:2-Auswärtssieg beim Abstiegskonkurrenten Bochum und das 3:3 gegen den Tabellenzweiten Dortmund. Und zwar nach einem 0:2-Rückstand und durch ein Tor in der siebten Minute der Nachspielzeit, wohlgemerkt in Unterzahl.

Nun also dieses 1:1 in Augsburg, das den Gastgebern zwar etwas mehr hilft als den auf Distanz gehaltenen Stuttgartern. Doch beim VfB wollen sie das Remis bei den geübten Klassenkämpfern des FCA unbedingt als Punktgewinn verstanden wissen. Gerade weil sie sich nach ihrer sehr mäßigen ersten Halbzeit in der zweiten ins Spiel gearbeitet und erneut ihre Comeback-Qualitäten bewiesen hatten. “Das darf und muss uns eine breite Brust geben für das, was jetzt kommt”, sagte Torwart Fabian Bredlow.

Augsburg gibt sich wieder verschwenderisch: Der Klub hat in dieser Saison schon 23 Punkte nach Führungen hergeschenkt

“Die Kurve zeigt definitiv insgesamt nach oben”, befand Wohlgemuth. Man nehme diesen wertvollen Punkt mit und zudem, “dass wir leben und marschieren können”, sagte Hoeneß, “wir können definitiv stolz sein auf die zweite Halbzeit.” Gegen Mönchengladbach gelte es nun, diesen Punkt zu “veredeln”. Danach folgen noch die Spiele beim Abstiegskonkurrenten Hertha BSC sowie gegen Leverkusen, in Mainz und gegen Hoffenheim. Zudem steht zwischendurch, am 3. Mai, das Pokal-Halbfinale gegen Frankfurt an.

Beim FCA könnten sie eigentlich schon durch sein. Doch wieder einmal mussten sie beklagen, eine Führung nicht über die Zeit gebracht zu haben. Auf den Ligahöchstwert von 23 verspielten Punkten summieren sich ihre Verluste inzwischen. Vor allem die zuletzt in der Nachspielzeit abhanden gekommenen vier Zähler gegen den Konkurrenten Schalke (1:1) und in Wolfsburg (2:2, nach einer 2:0-Führung) schmerzen.

Hätten sie die 23 Punkte nicht eingebüßt, lägen die Augsburger im Rennen um die Champions-League-Plätze. In jedem Fall könnten sie längst für ihr 13. Jahr hintereinander in der Bundesliga planen. So aber “wird’s jetzt eben eng”, ahnt Geschäftsführer Stefan Reuter vor den verbleibenden Spielen in Frankfurt, gegen Union, in Bochum, gegen Dortmund und in Gladbach. Dennoch sind sie beim FCA, trotz mancher Verletzungssorgen, guter Dinge. Schließlich sei die Mannschaft “gewillt zu fighten bis zur letzten Sekunde”, sagt Reuter. Abstiegskampf auf Schwäbisch eben.

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